Wenn es um die Kontrollen der Kommunen geht, dann ist Niederösterreich zweigeteilt. ÖVP-Landesrat Ludwig Schleritzko (ÖVP) ist für die schwarzen Gemeinden und Städte zuständig, SPÖ-Landesparteichef und Landesrat Sven Hergovich für die roten.
Seinem sozialdemokratischen Parteifreund, St. Pöltens Bürgermeister Matthias Stadler, hat Hergovich bereits Ende Jänner ein Schreiben zukommen lassen.
Absender ist die Gemeindeaufsicht, der Inhalt unerfreulich. Es geht um die finanzielle Lage der Landeshauptstadt, gefordert wird die Erstellung eines Haushaltskonsolidierunsgskonzeptes.
Es ist vor allem eine Zahl, die die Prüfer veranlasste, aktiv zu werden. Denn laut dem Land NÖ liegt der kumulierte Finanzbedarf der Hauptstadt bei rund 213 Millionen Euro in den kommenden fünf Jahren.
"Sie werden daher höflichst dazu aufgefordert, (...) entsprechende Maßnahmen zu erarbeiten und fristgerecht dem Gemeinderat zur Beschlussfassung vorzulegen", heißt es in dem Brief, der dem KURIER vorliegt und über den auch Der Standard berichtete.
Schuldenstand wächst auf 216 Millionen Euro
Laut ÖVP St. Pölten, die am Freitag zu einem Pressegespräch lud, ist aber alles noch viel schlimmer. "Bis zum Jahr 2029 wird der Schuldenstand der Stadt auf 216 Millionen Euro anwachsen", berichtete Vizebürgermeister Matthias Adl. Die Ausgaben für Investitionsprojekte würden in diesem Zeitraum um mehr als 40 Millionen Euro steigen.
Die Volkspartei kritisiert vor allem die Budgetpolitik der SPÖ, die St. Pölten mit einer absoluten Mehrheit regiert. "Uns ist bewusst, dass es vielen Gemeinden finanziell nicht gut geht. Aber die St. Pöltner Sozialdemokraten haben auch in guten Zeiten das Budget entgleiten lassen", so Adl.
Die Schwarzen kritisieren, dass Stadler für "Prestigeprojekte" viel Geld ausgebe. Der Windfänger am Europaplatz kostete mehr als 800.000 Euro, die Überdachung des Karmeliterhofes ("Ein Himmel für das Stadtmuseum") wird sich laut Adl mit rund 6 Millionen Euro zu Buche schlagen.
"Wir brauchen jetzt eine schonungslose Aufarbeitung, hier darf sich der Bürgermeister nicht wegducken", betont St. Pöltens Klubchef Florian Krumböck. Laut dem Politiker will die Stadt nun eine Steuerungsgruppe einrichten, die sich mit der tristen Budgetsituation auseinandersetzen soll. "Es ist wichtig, dass diese Steuerungsgruppe auch über das Jahr 2026 hinaus beibehalten wird", so Krumböck.
"Künstliche Aufregung"
Und was sagt der Bürgermeister selbst zu der alarmierenden Finanzlage der Stadt?
„Dazu ist keine künstliche Aufregung und politische Inszenierung angebracht, wir werden das seriös und ernsthaft angehen. Wir haben darauf bereits im Rahmen der letzten beiden Budgets aufmerksam gemacht und haben den Konsolidierungsweg schon im Vorjahr begonnen. So konnten wir in vielen Bereichen bereits knapp 25 Prozent Einsparungen erzielen", betont Stadler.
Er verspricht, dass St. Pölten nicht bei Leistungen sparen werde, "die die Bürger unmittelbar betreffen bzw. ihnen schaden würden". "Wir haben im Gegensatz zu vielen anderen Gemeinden in der Vergangenheit Rücklagen gebildet, die sich auf knapp 60 Millionen belaufen, und einige Millionen an Geldreserven."
"Rechnung müssen alle Österreicher zahlen"
Tatsächlich sei, so das St. Pöltner Stadtoberhaupt, sei die finanzielle Situation in vielen Gemeinden trist. "Die Hälfte aller Gemeinden im Land kann ohne Hilfe nicht mehr ausgeglichen budgetieren. Das ist vor allem den niedrigen Ertragsanteilen vom Bund sowie den hohen Umlagenzahlungen an das Land geschuldet. Beide budgetieren mit einem satten Minus, die Rechnung müssen nun alle Österreicher zahlen."
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