Das Quartett verlangte für die Arbeit 15.200 Euro. Weil die angeblichen Dachdecker äußerst aggressiv aufgetreten sein sollen, überwies S. einem 24-Jährigen schließlich 10.000 Euro. Aus Angst, wie sie später der Polizei erzählte.
Fälle wie diese stehen in Österreich mittlerweile beinahe an der Tagesordnung. Kriminelle Banden, die sich als Dachdecker- und Spengler ausgeben und in betrügerischer Absicht durch die Lande fahren, richten laut Kriminalpolizei jährlich einen Schaden von mehreren Hunderttausend Euro an.
Der KURIER konnte nun Gerichtsprotokolle sichten, die einen Einblick geben, wie diese Tätergruppen agieren, wie unverschämt sie ihre Opfer abzocken und warum sich die Ermittlungen oft so schwierig gestalten.
Grundsätzlich nehmen die Ganoven Einfamilien- oder Kleingartenhäuser ins Visier, die Bewohner sind meist betagt und damit leichter einzuschüchtern. Gerne behaupten die Betrüger auch, dass ihnen Material von einer Baustelle übrig geblieben sei.
Exorbitant höhere Beträge
Während ein Täter mit dem Opfer noch spricht und verhandelt, beginnen die anderen schon damit, das Dach abzudecken bzw. die Dachrinne abzumontieren. „Die Arbeiten sind in der Regel völlig nutzlos. Meisten wird am Gebäude sogar noch vorsätzlich ein Schaden angerichtet“, erzählt ein Ermittler.
Danach werden exorbitant höhere Beträge verlangt als zuvor ausgemacht. Zahlen die Betroffenen nicht, werden sie bedrängt und angeschrien. Um der Polizei eine Ausforschung zu erschweren, sind die falschen Dachdecker immer wieder mit nicht zugelassenen Fahrzeugen unterwegs.
Die Kriminellen ähneln sich sogar in ihrem Aussehen (Schnurrbart-Träger, dunkle Haare), um so behaupten zu können, sie würden einer Verwechslung unterliegen, heißt es.
Prozess in St. Pölten
Vorsicht ist auch im Internet geboten. Als ein Mann aus Wiener Neustadt nach einer Dachdeckerfirma suchte, fand er eine Seite mit einer Telefonnummer. Allerdings tauchten dann genau jene Rumänen auf, die zuvor schon die Kindergartenleiterin abgezockt hatten. Die mutmaßlichen Täter konnten den Mann um 4.300 Euro erleichtern.
Die Freude über das Geld währte zum Glück nicht lange. Die Polizei legte sich auf die Lauer und schnappte fünf Verdächtige, denen demnächst in St. Pölten der Prozess gemacht wird.
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