Militärchef vor Gericht: Was geschah in der Hesserkaserne wirklich?
Den mutmaßlichen Tatort, der sich nur einen Steinwurf vom Landesgericht St. Pölten entfernt befindet, darf Martin Jawurek derzeit nicht betreten. Der Schranken der Hesserkaserne bleibt für ihn geschlossen, so hat das Verteidigungsministerium entschieden.
Jawurek, jahrelang Militärkommandant von Niederösterreich, musste sich am Dienstag vor Gericht verantworten. Dem Brigadier wird ein sexueller Übergriff auf eine Mitarbeiterin vorgeworfen, die im Gastro-Bereich in der Kaserne tätig ist.
"Angeheitert"
Was genau am 8. November 2022 in der Hesserkaserne passiert sein soll, wurde am Dienstag zum ersten Mal bekannt.
Laut Staatsanwaltschaft fanden an diesem Tag zwei Veranstaltungen statt, Jawurek soll dabei Alkohol konsumiert haben und bereits "angeheitert" gewesen sein.
Er traf dabei auch auf das angebliche Opfer, eine Zivilbedienstete, mit der sich der Brigadier sehr gut verstanden haben soll. Beruflich wohlgemerkt, nicht privat.
Danach, so die Staatsanwältin, soll der Brigadier die Frau unter dem Vorwand, er müsse mit ihr "unter vier Augen sprechen", in einen abgedunkelten Raum "gelockt" haben. Während er sie gegen ihren Willen berührt haben soll, sei laut Anklage ein Satz gefallen, der für die Staatsanwaltschaft von großer Bedeutung ist. "Du willst doch in die Küche rüber", soll der Militärkommandant damals zu der Frau gesagt haben.
Hat der Brigadier die Angestellte damit unter Druck gesetzt, ihr eine berufliche Veränderung in Aussicht gestellt? Von keiner Seite bestritten wird, dass es danach tatsächlich zum Geschlechtsverkehr gekommen sein soll. Danach vertraute sich die Zivilbedienstete einem Offizier an, wollte aber nicht, dass der Vorfall gemeldet wird. Der Soldat entschied anders, vermutlich auch deshalb, weil er sonst einen Amtsmissbrauch begangen hätte.
Jawurek, der von Rechtsanwalt Manfred Ainedter vertreten wird, streitet die Vorwürfe ab. "Es gibt in dieser Causa sehr viele Widersprüche", betonte Ainedter zu Beginn des Prozesses. Die Frau, so der Rechtsanwalt, habe niemals zu erkennen gegeben, "dass sie das nicht will". Und weiter: "Nur ein Pieps von ihr und alle wären zusammengelaufen, weil an diesem Abend das Haus mit Soldaten voll war", sagte er.
Außerdem habe Jawurek mit Personalangelegenheiten nichts zu tun gehabt, meinte Ainedter. "Posten werden ausgeschrieben, die Entscheidungen fallen im Ministerium. Er hätte ihr also gar nichts versprechen können."
Der Prozess wurde vertagt, es sollen noch weitere Zeugen einvernommen werden.
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