Rüstungswelle in Europa: So wollen Firmen aus NÖ profitieren

800 Milliarden für mehr Sicherheit
Eigentlich war bereits alles angerichtet: Das tunesische Innenministerium lud den österreichischen Waffenhersteller Steyr Arms ein, sich an der Ausschreibung über 8.000 Sturmgewehre des Typs „StG77“ zu beteiligen.
Das Auftragsvolumen belief sich auf rund 9,5 Millionen Euro. Hinzu kommen sollten rund 20 bis 25 Millionen Euro für Ersatzteile in den nächsten 25 Jahren.
Doch der Deal scheiterte „an der Langsamkeit der österreichischen Ministerien“, wie der KURIER im Mai titelte. Selbst eine Fristverlängerung der Tunesier half da nichts mehr. Die Empörung war groß.
Die Causa schlug hohe Wellen und wurde auch am Montag im St. Pöltner Regierungsviertel besprochen. Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) hatte zum ersten Forum „Wirtschaft und Sicherheit“ geladen. 20 Unternehmer waren angereist; Militärkommandant Georg Härtinger diskutierte mit, ebenso die Präsidenten Kari Ochsner (Industriellenvereinigung) und Wolfgang Ecker (Wirtschaftskammer).
Der Grundtenor war eindeutig: In wirtschaftlich äußerst schwierigen Zeiten dürfen gute Geschäfte nicht an der Bürokratie scheitern.
Raketenabwehr und Cybersicherheit
Das Thema, das dort gestern ausführlich besprochen wurde, ist eigentlich ein äußerst unerfreuliches: Europa muss aufrüsten. 800 Milliarden Euro will EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen dafür mobilisieren. Investiert werden soll in Artillerie, Drohnentechnologie, Raketenabwehr und Cybersicherheit. Der Krieg in der Ukraine hat vieles in Bewegung gesetzt; die Angst vor einer Ausweitung auf weitere Länder wächst.
Freilich gibt es aber auch diese Sicht auf die Dinge: Der Kuchen ist groß, viele wollen daran mitnaschen.
Forderungskatalog an die Regierung
„Wir leben in einer Zeit der geopolitischen Umbrüche. Europa muss aufrüsten, und auch unsere Firmen in Niederösterreich können hier einen Beitrag leisten“, betonte Mikl-Leitner. Dadurch könnten in den kommenden Jahren neue, gut bezahlte Arbeitsplätze entstehen.
Auch in Österreich wird derzeit viel Geld locker gemacht. Die Bundesregierung plant im Rahmen des Aufbauplans 2032 Investitionen von bis zu 20 Milliarden Euro in das Bundesheer. Auch davon wolle man profitieren, so die Landeshauptfrau.
Mikl-Leitner forderte zudem gelockerte Exportbestimmungen für österreichische Unternehmen sowie mehr Kooperation zwischen Betrieben, die Bundesheer-Aufträge erhalten, und heimischen Zulieferern. Auch eine Verpflichtung zu einem Betriebsstandort in Österreich sei anzustreben – das Wort Gegengeschäfte nimmt man freilich nach der Eurofighter-Affäre nicht mehr so gern in den Mund.
Um dies zu ermöglichen, brauche es laut der Politikerin geeignete gesetzliche Rahmenbedingungen, „damit künftig noch mehr Sicherheits- und Verteidigungsprodukte exportiert werden können“. Ein entsprechender Forderungskatalog an die Bundesregierung sei bereits in Arbeit.
Hoffen auf gute Deals
Zufrieden nach dem Treffen zeigte sich etwa Volker Fuchs, CEO der Firma Test-Fuchs aus Groß-Siegharts im Bezirk Waidhofen an der Thaya. Das Unternehmen entwickelt, konstruiert und produziert unter anderem Testsysteme, Prüfstände und Komponenten für die Luft- und Raumfahrtindustrie.
„Für uns ist es vor allem nun wichtig, bei neuen Projekten mit dabei sein zu können“, sagte Fuchs im Gespräch mit dem KURIER. Ein besonderes Augenmerk – gerade bei heimischen Geschäften – könne auf das Thema Wartung und Instandhaltung gelegt werden, so Fuchs.
So sehen das auch Ecker und Ochsner: Die Modernisierung des Bundesheeres und die europäischen Initiativen in den Bereichen Sicherheit, Resilienz und Infrastruktur böten nö. Betrieben neue Möglichkeiten, sich in sicherheitsrelevante Wertschöpfungsketten einzubringen.
Fest steht auch, dass die Wirtschaftsagentur ecoplus künftig die Koordination zwischen Landesregierung, Behörden und Wirtschaft übernehmen soll. Geschäftsführer Helmut Miernicki kündigte an, dass das Forum „Wirtschaft und Sicherheit“ künftig jährlich stattfinden werde.
Kommentare