Razzia in der "Drogen-Hochburg"

Dieser junge Mann wird in der Nähe einer Pizzeria kontrolliert. Das Handy, das er bei sich hatte, dürfte Diebesgut sein.
Mit verstärkter Polizeipräsenz wird den Dealern der Kampf angesagt / Der KURIER war mit dabei.

"Das ist unsere Zielperson", sagt Chefinspektor Günther Skrianz und hält ein Foto in die Runde. 15 Ermittler, die meisten davon in Zivil, haben sich im Besprechungszimmer der Polizeiinspektion Traiskirchen im Bezirk Baden zusammengefunden. Die Fahnder nicken, der Verdächtige scheint ihnen kein Unbekannter zu sein.

Es ist Mittwochnachmittag, die Polizei bereitet sich auf eine groß angelegte Suchtgiftkontrolle vor. Mehrmals im Monat schwärmen die Polizisten aus, um Dealern und Konsumenten das Handwerk zu legen.

"Drogen-Hochburg Traiskirchen" lautete eine der vielen Schlagzeilen über die Stadt südlich von Wien. Ein Blick auf die Zahlen zeigt, dass es im Bezirk tatsächlich ein Suchtgift-Problem gibt. Wurden im Vorjahr noch rund 300 Anzeigen gezählt, so sind es heuer schon mehr als 500.

Doch so wie jede Statistik muss man auch diese aus mehreren Blickwinkeln betrachten. Denn Verstöße gegen das Suchtmittelgesetz sind typische Kontrolldelikte. Das bedeutet: Je mehr kontrolliert wird, desto mehr Anzeigen werden verzeichnet. Und die Exekutive hat ihre Präsenz in den vergangenen Monaten deutlich verstärkt.

Zugriff

"Zielperson gesichtet", krächzt es aus einem Funkgerät. Zwei Zivilfahnder, die sich unfällig unter die Bahnkunden gemischt haben und locker als Studenten durchgehen könnten, entdecken den verdächtigen Marokkaner am Bahnhofsareal. Nun ist Geduld gefragt. Man will abwarten, ob der Asylwerber tatsächlich ein Drogengeschäft abschließt.

Unterdessen werden im Stadtzentrum zwei junge Algerier kontrolliert, die in der Nähe einer Pizzeria Bier trinken. Das Handy eines Algeriers erregt die Aufmerksamkeit der Polizisten. Er habe es um 15 Euro von einer ihm unbekannten Person gekauft, beteuert er. An den Entsperrcode kann oder will er sich nicht erinnern. Weil das Gerät aber im Handel rund 400 Euro kostet und die Ermittler ihm die Geschichte nicht abnehmen, wird er mit auf das Revier genommen. Später sollte sich herausstellen, dass das Mobiltelefon offenbar tatsächlich gestohlen worden war.

Neues Gesetz

Für Skrianz und seine Kollegen gehören solche Amtshandlungen zum täglichen Geschäft. Sichergestellt werden in den meisten Fällen geringe Mengen Cannabis oder auch Kokain. "Nur sehr selten finden wir Heroin", berichtet der Chefinspektor. Kleine Fische also, die Hintermänner halten sich woanders auf. Probleme gebe es derzeit vor allem mit Algeriern und Marokkanern, während es beispielsweise mit afghanischen Jugendlichen mittlerweile nur wenig Ärger gebe, betont er.

In die Hände spielt den Fahndern das neue Drogengesetz, das den Suchtmittelhandel im öffentlichen Raum unter Strafe stellt. "Diese Reform war wichtig, weil wir die Dealer damit ins Gefängnis bringen können", betont Skrianz.

Bis in die späten Abendstunden sind die Fahnder noch in ganz Traiskirchen unterwegs. Sie sprechen auch Betretungsverbote gegen Verdächtige aus, die am Bahnhofsgelände dealen. Dass hier eine Schutzzone eingeführt wurde, begrüßen die Ermittler ebenfalls.Und auch im Flüchtlingslager sind die Polizisten unterwegs. Dort nehmen sie einem Nigerianer eine geringe Menge Drogen ab. Mehr nicht.453 Gramm Cannabis stellen die Beamten im Laufe des Tages sicher, sechs mutmaßliche Täter können ausgeforscht werden. Bei der Razzia entdeckt die Polizei im Bezirk aber auch eine Cannabisplantage.

Ein junger Österreicher hatte sie betrieben.

Anzeigen-Rekord

33.000 Anzeigen gegen das Suchtmittelgesetz wurden im Jahr 2015 verzeichnet – so viele wie schon lange nicht mehr. Ein Drittel aller Delikte wurden dabei in Wien registriert. Österreich ist Konsum-, Transit- und Umschlagplatz für Drogen. Eine besondere Bedeutung spielt dabei die Balkan-Route, auf der Heroin- und Opiatprodukte von Afghanistan nach und durch Österreich geschmuggelt werden. Der Flughafen dient wiederum jenen Tätern, die Kokain aus Südamerika zu uns bringen wollen. Die Fahnder gehen davon aus, dass die immer mehr Drogen über das Internet (Darknet) gehandelt werden. Und sie betonen, dass durch die „Migrationssituation“ neue Herausforderungen in der Bekämpfung der Drogenkriminalität entstehen würden.

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