Razzia am Friedhof

Während ein Polizist den Grabfrevel mit der Kamera dokumentierte, nahm die Finanzpolizei die slowakische Firma genau unter die Lupe
Die Totenruhe wurde vor Allerheiligen massiv gestört. Ein halbes Dutzend Särge waren illegal exhumiert worden. Der Bürgermeister war mehr als gefordert.

„Ich würde nicht einmal zulassen, dass man mit den sterblichen Überresten meiner Urururgroßeltern so verfährt.“ Roman Sigmund, der Bürgermeister von Haringsee ist entsetzt. Der Grund: Ein slowakisches Steinmetzunternehmen war mit der (preisgünstigen, Anm.) Generalüberholung von zwei Familiengruften beauftragt worden. Am Nationalfeiertag sollen die Slowaken sechs Särge aus den Gruften geholt haben und wollten sie – das Lkw-Fahrverbot an Sonn- und Feiertagen ignorierend – in der Slowakei einäschern, um Platz für neue Bestattungen in den Gruften zu schaffen. Das darf aber nur ein konzessioniertes Bestattungsunternehmen. Um sich herauszuwinden, erschien ein Mitarbeiter der slowakischen Firma bei Bürgermeister Sigmund und wollte eine Unterschrift, mit der er den „Export“ der sterblichen Überreste bewilligen sollte. „Das habe ich und darf ich nicht unterschreiben“, erzählt Sigmund.

Dienstagfrüh führte die Finanzpolizei eine Razzia durch. Doch die Slowaken dürften bestens mit behördlichen Stellen in Österreich vernetzt sein, denn sie erschienen mit ihrem Anwalt.

Der Chef der slowakischen Firma, dem man aufgrund seines Outfits (schulterlanges Haar, Hemd bis zum Brustbein offen, schwere Goldketten um den Hals und eine Sonnenbrille, so groß wie eine Taucherbrille, Anm.) nicht automatisch dem Steinmetzgewerbe zurechnen würde, konnte zwar eine gültige Gewerbeberechtigung vorweisen, für seine Mitarbeiter hatte er jedoch keine Unterlagen dabei. „Er wurde daher auch nach dem Lohndumping-Gesetz angezeigt“, bestätigt Thomas Rosenberger, der Bezirksstellenleiter der Wirtschaftskammer Gänserndorf.

Särge in Gruft gekippt

Die Särge fanden sich am Dienstag wieder in den Gruften, wie die Polizei mit Fotos auch dokumentierte. Ein Sarg war mit dem Deckel nach unten in die Gruft gekippt worden, der skelettierte Schädel einer blonden Frau war herausgekollert.

„Um solche oder ähnliche Vorfälle in Zukunft zu vermeiden, werde ich jetzt ein Schreiben an alle Bürgermeister richten“, versprach Katharina Strack, die Landesinnungsmeisterin der Bestatter, die den Fall, der die ganze Region erregt, auch mit dem Gänserndorfer Bestatter Gerfried Redlich besprach.

Bestatter Josef Hengl aus Lassee wurde schließlich mit der Einäscherung der sterblichen Überreste beauftragt.

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