Gefängnis statt Quarantäne: 80-Jährige zweimal festgenommen

Die 80-Jährige musste in die Justizanstalt Wiener Neustadt. Anstaltsleiter Günter Wolf in der Frauenabteilung
Gericht in Wiener Neustadt entschied ein zweites Mal gegen Verhängung der Untersuchungshaft. Der Frau droht ein Strafverfahren.

Wie weit geht der Staat bei der Durchsetzung der Corona-Maßnahmen? Betrachtet man den bisher wohl einzigartigen Fall einer 80-Jährigen aus Mödling, ist man gewillt zu sagen: sehr weit.

Die pflegebedürftige Pensionistin ist zweimal binnen weniger Tage festgenommen worden, weil sie mehrmals gegen die Corona-Quarantäneregeln verstoßen hatte. Sie saß sogar zwei Tage lang im Gefängnis.

Am Donnerstag entschied der Haft- und Rechtschutz-Richter, die Seniorin erneut freizulassen. Laut aktuellem PCR-Test war ihr Ct-Wert über 30 und die Frau damit nicht mehr ansteckend. „Daher bestand keine Tatbegehungsgefahr mehr und somit kein Grund für eine U-Haft“, heißt es dazu am Landesgericht Wiener Neustadt. Die 80-Jährige war Corona-positiv und hatte einen Absonderungsbescheid der Bezirkshauptmannschaft Mödling, datiert bis 17. Dezember.

Sie wurde allerdings am 9. und 10. Dezember polizeilich abgemahnt, weil sie gegen die Auflagen verstoßen hatte und einkaufen ging. Auch im Wohnhaus soll sie sich mit Nachbarn getroffen haben. Am 10. Dezember erfolgte daher die Festnahme wegen des „Verdachts der vorsätzlichen Gefährdung von Menschen durch übertragbare Krankheiten“, erklärt Erich Habitzl von der Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt.

Gefängnis statt Quarantäne: 80-Jährige zweimal festgenommen

Staatsanwalt Erich Habitzl

Die Pensionistin kam in die Justizanstalt und wurde am 13. Dezember dem Haft- und Rechtschutz-Richter vorgeführt. Die U-Haft wurde nicht verhängt und die Frau unter „gelinderen Mitteln freigelassen“. Das Gericht erteilte der Pensionistin die Weisung, ihre Wohnung nicht zu verlassen. Daran hielt sie sich.

Maske nicht getragen

Am Mittwoch rief allerdings die Pflegerin der 80-Jährigen erbost die Polizei, weil die Frau ihr die Quarantäne verheimlicht hatte und ihre FFP2-Maske nicht richtig im Gesicht trug. Daraufhin wurde die 80-Jährige erneut festgenommen und ein Nasenabstrich für einen PCR-Test vorgenommen, bestätigt die Polizei.

Die Seniorin musste die Nacht in der Justizanstalt verbringen, bis das Ergebnis am Donnerstag vorlag. Laut Bezirkshauptmann Philipp Enzinger prüft der Amtsarzt der Behörde nun, ob auch die Quarantäne damit aufgehoben ist. Gegen die Frau läuft ein Strafverfahren, ihr droht eine Anklage.

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