Seit Herbst gibt es an der Donau-Universität Krems eine Universitätsambulanz für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie. In der Vorwoche wurde sie nun am Campus feierlich eröffnet, nachdem sich die Pilotphase als erfolgreich darstellt.
Am Standort werden Patientinnen und Patienten ab 18 Jahren nach einer fachärztlichen Überweisung behandelt. Die Kosten werden von den Sozialversicherungsträgern übernommen, die Behandlung ist damit für die Versicherten kostenlos.
Es werden Depressionen, Angststörungen, Störungen infolge von Traumata, Schlaf- oder Schmerzstörungen behandelt.
Konkret wird auf krankheitsspezifische Gruppentherapie gesetzt. "Im ambulanten Bereich haben wir vorwiegend ein Einzeltherapie-Setting, das ist eher historisch entstanden als wissenschaftlich begründet, eine Gruppentherapie kann genauso gute Ergebnisse erzielen, bei manchen Erkrankungsbildern sogar noch effektiver sein“, betont Christoph Pieh, Leiter der neuen Ambulanz, im Zuge der Eröffnung. Derzeit würden 30 Personen pro Tag behandelt – man befinde sich aber noch in der Aufbauphase, bis zu 70 Personen sollen es werden, so Pieh auf Nachfrage.
Die Patientinnen und Patienten haben in der Regel zwölf Wochen lang wöchentliche Sitzungen von drei Stunden. Neben der Gruppentherapie sind das auch Entspannungsmethoden, die regelmäßig eingesetzt werden.
Vor allem ist die Ambulanz dafür gedacht, dass Personen nach einem stationären Aufenthalt in einer psychiatrischen Einrichtung eine Nachfolgebehandlung erhalten oder ein stationärer Aufenthalt überhaupt vermieden werde. Pieh erläutert am Podium, dass in Österreich dreimal so viel für Psychopharmaka ausgegeben werde, wie für Psychotherapie, obwohl es viele Krankheiten gebe, wo wissenschaftlich belegt sei, dass Psychotherapie die Behandlungsmethode erster Wahl sei.
Podiumsdiskussion bei der Eröffnung am Campus der Donau-Universität: Christoph Pieh, Barbara Haid, Peter McDonald, Karlheinz Christian Korbel, Ulrike Königsberger-Ludwig und die Moderatorin der Veranstaltung.
Die Diagnostik dauert in der Universitätsambulanz länger: "Wir nehmen uns 4 bis 6 Stunden Zeit. Zunächst füllen die Patientinnen und Patienten auf einem Tablet Fragebögen aus - das dauert rund 1,5 Stunden - und dann gehen wir in Interviews. Wir sehen hier das Potenzial, präziser sein zu können", betont Pieh.
Der Pilotphase ging eine wissenschaftliche Betrachtung von Therapiemöglichkeiten voraus, das Programm sei evidenzbasiert. Auch jetzt würde durch die Universitätsanbindung regelmäßig evaluiert: "Wir schauen wo wir stehen, und ob es Punkte gibt, wo wir nachbessern müssen", so der Leiter. Ihm war auch wichtig zu betonen, dass die Patientinnen und Patienten nach den zwölf Wochen in einer "Stabilisierungsphase" ein halbes Jahr lang einmal pro Monat kommen können. "Die Wissenschaft sagt, dass die Effekt so anhaltender sind", erklärt Pieh.
Unterstützung erhält die Ambulanz von der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK). ÖGK-Chef Peter McDonald war bei der Eröffnung in Krems vor Ort. Im Rahmen einer Podiumsdiskussion betonte er: "Wir haben in den letzten zehn Jahren die Ausgaben für mentale Gesundheit verdoppelt." Dieser Bereich habe bei der ÖGK einen hohen Stellenwert. McDonald meinte allerdings auch, dass mehr Fokus und Bemühungen auf Vorsorge gesetzt werden müsste, "vorsorgen ist besser als heilen".
Karlheinz Christian Korbel, Ärztlicher Direktor im Landesklinikum Mauer, machte darauf aufmerksam, dass es am Facharztsektor Personalmangel gäbe und man dies bedenken müsse, wenn man etwas Neues eröffne: "Wir nehmen die Personalressourcen aus einem Topf". Das interdisziplinäre Konzept der Ambulanz lobte er und stellte auch klar, dass er in der Gruppentherapie die Zukunft sieht - nicht um Geld einzusparen, sondern wegen der Effektivität.
Gesundheitsstaatssekretärin Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ) nahm auf die Personalknappheit Bezug: Es werde von Seiten der Bundesregierung gerade ein Monitoringtool entwickelt. "Manchmal habe ich den Eindruck, dass wir hier mehr oder weniger im Blindflug unterwegs sind."
Barbara Haid, Vorsitzende des Bundesverband für Psychotherapie (ÖBVP), sagt zur Ist-Situation: "Viele Patientinnen und Patienten müssen warten." Dabei würde es genug Psychotherapeutinnen und -therapeuten geben, die "mithelfen würden, aber nur die Hälfte hat einen Kassenvertrag." Es bräuchte mehr kassenfinanzierte Stellen.
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