Prozess um Vergewaltigung: Asylwerber freigesprochen
Selbst für Staatsanwältin Barbara Kirchner klang es – wie sie selbst sagt – nach einer abenteuerlichen Geschichte, die ihr am 26. April 2017 von der Polizei berichtet wurde. Tags zuvor soll eine 15-Jährige auf einem Sportplatz in Tulln in Niederösterreich von zwei Unbekannten geschlagen, verschleppt und mehrmals vergewaltigt worden sein. Schließlich konnte sich das Mädchen von ihren Peinigern losreißen und flüchten. Knapp ein Jahr und dem größten DNA-Massentest des Landes später ist Kirchner aber überzeugt: „Sie sagt die Wahrheit.“
Die mutmaßlichen Täter mussten sich am Dienstag in St. Pölten unter großem Medieninteresse vor Gericht verantworten. Die beiden 19-jährigen Asylwerber, ein Somalier und ein Afghane, gaben dabei eine ganz andere Geschichte zu Protokoll, bei der sie bis zuletzt blieben. Es sei in der besagten Nacht zwar zum Geschlechtsverkehr mit dem Mädchen gekommen, dieser sei aber einvernehmlich gewesen. Zuvor habe man gemeinsam sogar noch Marihuana geraucht.
Medikamentencocktail
Auch die Anwälte der Beschuldigten meldeten bei dem Prozess massive Zweifel an den Aussagen des Opfers an. Sie habe nicht nur verschiedene Versionen der angeblichen Geschehnisse angegeben, sondern habe zum Tatzeitpunkt auch einen „Medikamentencocktail intus“ gehabt, wie sie betonten. Zudem leide die 15-Jährige an einer psychischen Erkrankung. Opfervertreter Ewald Stadler brachte dagegen ein Glaubwürdigkeitsgutachten vor, dass bei der jungen Frau durchgeführt wurde. Daraus hätten sie keine Hinweise ergeben, dass die 15-Jährige gelogen habe. Er forderte zudem mehr als 15.000 Euro Schmerzensgeld ein.
Gleichstand
Was die Ermittler und auch die Rechtsanwälte der Beschuldigten aber schon damals stutzig machte, war der Umstand, dass auf den Handys der beiden Asylwerber die Telefonnummer des angeblichen Opfers gefunden wurde. Darauf angesprochen sagte das Mädchen, dass ihr das Telefon bei der Attacke der beiden Männer hinuntergefallen sei und diese den Moment ausgenutzt hätten, um sich die Nummer zu speichern.
Bei der Urteilsfindung zeigte sich der Schöffensenat uneinig. Zwei Mitglieder stimmten für schuldig, zwei für unschuldig. Der Gleichstand für die Angeklagten bedeutete einen Freispruch. Die Staatsanwältin meldete umgehend Nichtigkeitsbeschwerde an. Die Urteile sind damit nicht rechtskräftig.
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