Probleme in den Flüchtlingsklassen

Bis zu 22 Flüchtlinge werden in Mistelbach seit Dezember in einer eigenen Klasse unterrichtet. Bei einem Teil macht sich dies schon bezahlt, doch nicht alle Schüler können den Anweisungen der Lehrer folgen.
Unpünktlichkeit, fehlende Sprachkenntnisse. Lehrer berichten von den Schwierigkeiten im Unterricht.

"Ich will; du willst; er, sie, es will", spricht Lehrerin Sabine Lampert den Schülern vor, "und wie geht‘s weiter?" "Wir wollen", kommt in gebrochenem Deutsch aber doch sehr selbstbewusst von einem Teil der Flüchtlinge als Antwort. Aus der zweiten Reihe ruft der 19-jährige Fahed stolz heraus: "Wir wollen Deutsch lernen."

Der Unterricht macht sich also bezahlt. Seit Mitte Dezember werden in Mistelbach 22 Asylwerber in einer eigenen Klasse unterrichtet. Österreichweit gibt es 30 solcher Standorte. Mit einem vereinfachten Lehrplan sollen die neuen Schüler an das Bildungsniveau heimischer Kollegen herangeführt werden. Doch was in der Theorie einfach klingt, stößt in der Praxis an seine Grenzen.

"Sand im Getriebe"

Mangelnde Pünktlichkeit, eine stark auseinanderklaffende Vorbildung, Anweisungen, die ignoriert werden – der Unterricht läuft sechs Wochen nach dem Start noch nicht nach Plan. "Man merkt, dass noch Sand im Getriebe ist", bringt es BORG-Direktorin Isabella Zins auf den Punkt.

"Von Analphabeten bis zu Maturaniveau" sei das Bildungsniveau laut Klassenvorstand Lampert breit gestreut. Die Schüler sind 15 bis 25 Jahre alt. Für die zehn betreuenden Lehrer eine anfänglich unterschätze Herausforderung. "Die Schüler sind bemüht; alle wollen, aber manche können nicht", erklärt Lampert.

Vernachlässigen wollten die Pädagogen dennoch niemanden. Die Folge: "Den Unterricht müssen wir nun praktisch drei Mal vorbereiten", erklärt Lampert. Vor drei Wochen hat die Schule nämlich unterschiedliche Übungslevel eingeführt. "Daraufhin gab es wieder Diskussionen, warum etwa der Sitznachbar andere Aufgaben bekommt und man selbst die Übung wiederholen muss", sagt Zins. Einige Burschen verweigerten die Übungen daraufhin gleich ganz.

Sprachbarrieren

Ein ruhiger Unterricht scheitert oft schon an der Sprachbarriere. Die Unterrichtssprache ist eigentlich Englisch. Doch während sich manche bereits auf Deutsch verständigen können, sprechen andere nur brüchig Englisch, fünf bis sechs Schüler überhaupt nur Arabisch.

Mitschüler übersetzen dann zwar die Aufgaben, "aber da kommt sehr schnell Unruhe hinein und artet oft in Diskussionen aus", berichtet Catharina Blasch, die als Deutschlehrerin in England zumindest schon Erfahrung gesammelt hat. Der Unterschied: "Wenn sie damals untereinander Englisch gesprochen haben, konnte ich es verstehen. Jetzt bin ich hilflos."

Mit 22 Flüchtlingen in einer Klasse habe man zudem eine Obergrenze erreicht. "Für den Spracherwerb ist das definitiv zu viel", weiß Lampert.

Fluktuation

Ein weiteres Problem: die Pünktlichkeit. "Entweder sind sie verspätet oder zum Teil gar nicht gekommen", schildert Zins die anfängliche Fluktuation. "Das Angebot wurde nicht ganz so verbindlich genommen." Dafür waren nach den Weihnachtsferien plötzlich mehr Flüchtlinge in der Klasse als Platz vorhanden. Ein Bursch hatte etwa seine jüngere Schwester mitgenommen, weil er sie bei sich und nicht in der Pflichtschule haben wollte.

In die Pflicht genommen werden nicht nur die Flüchtlinge sondern auch das Ministerium. Die Vorgaben und Unterrichtsmittel waren bislang überschaubar. Die Übungen mussten sich die Lehrern in Eigenregie zusammenstellen. Seit wenigen Tagen gibt es immerhin ein allgemeines Ziel: Bis zum Herbst sollten die Flüchtlinge auf das Schulniveau der achten Schulstufe gebracht werden.

Einstiegstests

Für das zweite Semester bedeutet dies eine gewisse Selektion. "Nicht alle werden das Ziel erreichen", ist sich HLW-Direktor Johannes Holzinger bewusst. Ab sofort wird es Einstiegstests geben. "Das Ergebnis wird dann als Kriterium herangezogen, ob ein Schüler weiterhin bleiben kann", erklärt Zins. Gleichzeitig werden mit den Flüchtlingen Verhaltensregeln erstellt, an den sich alle zu halten haben oder die Klasse verlassen müssen. "Wer nicht will, muss nicht da sein", sagt Lampert, denn: "Wir sind kein Sozialprojekt."

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