Pflegeskandal im Privatheim wird jetzt zum Justizskandal

Karl Pfeiffer (rechts) mit seinem Anwalt
Verfahren eingestellt: 93-jährige Frau war bis auf die Knochen wund gelegen. Dafür muss sich niemand verantworten.

Der Pflegeskandal in einem Privatheim in NÖ ist auf dem besten Weg, auch noch zu einem Justizskandal zu werden. Die Staatsanwaltschaft Wr. Neustadt sieht keinen Grund, die mutmaßlichen Verantwortlichen für die wochenlangen höllischen Schmerzen einer 93-jährigen Heiminsassin bis zu ihrem Tod vor Gericht zu bringen.

Notoperation

Pflegeskandal im Privatheim wird jetzt zum Justizskandal
Pflegeskandal
Als der Pflegeaufwand für Gerda Pfeiffer aus Pottenstein im Juli 2015 zu groß geworden war, verlegte man sie in das besser ausgestattete Landespflegeheim. Dort stellte man entsetzt fest, dass die alte Dame bis auf die Knochen wund gelegen war (der KURIER berichtete). Gerda Pfeiffer hatte sich wegen ihrer Demenzkrankheit nicht verständlich machen können. Sie wurde sofort ins Spital gebracht, bekam endlich schmerzstillende Medikamente und wurde notoperiert. Bald darauf starb sie.

Gerda Pfeiffers Sohn Karl erstattete auf Anraten des Landespflegeheimes Anzeige gegen die Betreiber und den Arzt des privaten Pflegeheimes. Das wurde für ihn zum Bumerang: Die Staatsanwaltschaft warf Karl Pfeiffer vor, als Sachwalter seiner Mutter seinen Aufsichtspflichten nicht nachgekommen zu sein und aus dem Vorwurf der Vernachlässigung gegen die Heimbetreiber "für sich selbst Kapital schlagen zu wollen". Es wurde zunächst auch gegen ihn und halbherzig gegen das Heim-Personal ermittelt, der Arzt befand sich überhaupt nie im Visier des Anklägers.

Der Pflegeskandal wurde daraufhin ein Fall fürs Parlament: SPÖ-Justizsprecher Johannes Jarolim begehrte von Justizminister Wolfgang Brandstetter (ÖVP) Auskunft, ob sich Hinterbliebene so beleidigen lassen müssen und warum wegen der Vernachlässigung im Heim nicht konsequent ermittelt wird. Die Antwort beschränkt sich auf den Hinweis, dass der von der Staatsanwaltschaft gewonnene Eindruck betreffend die Motivlage des Anzeigers "einer objektiven Überprüfung nicht zugänglich" sei.

Spärlich

Inzwischen gibt es zwei Gutachten des Gerichtsmediziners Wolfgang Denk: Der Sachverständige kritisiert das Fehlen einer Pflegedokumentation. Aus der "spärlichen" Dokumentation könne man jedoch ableiten, dass sich die Wunde am Gesäß bis zur Verlegung ins Landespflegeheim bzw. ins Krankenhaus "auf das Sechsfache" vergrößert hatte. Eine "Intensivierung der Behandlung" sowie die Verabreichung von schmerzlindernden und entzündungshemmenden Medikamente und eine frühere Überweisung in ein Krankenhaus wären laut Denk "angezeigt gewesen."

Das müsste zumindest für eine Anklage gegen das Pflegepersonal wegen Vernachlässigung bzw. Körperverletzung reichen, sollte man meinen? Die Staatsanwaltschaft Wr. Neustadt fand keinen "tatsächlichen Grund zur weiteren Verfolgung" und stellte das Verfahren ein.

Der Wiener Anwalt von Karl Pfeiffer, Josef Lachmann, stellte einen Fortführungsantrag: Das Oberlandesgericht möge weitere Ermittlungen in Auftrag geben, die Einstellung des Verfahrens könne nur noch auf völliges Unverständnis stoßen.

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