Bewohner misshandelt? Alle Angeklagten im Pflegeprozess in NÖ freigesprochen

Pflegeheim
Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Vorwürfe der Vernachlässigung und Misshandlung von Heimbewohnern nicht bestätigt.

Im Prozess zur Causa Pflegeheim in Kirchberg am Wechsel (Bezirk Neunkirchen) sind am Landesgericht Wiener Neustadt alle Angeklagten - nicht rechtskräftig - freigesprochen worden.

Die Staatsanwaltschaft hatte einem 62-Jährigen Manager angelastet, einer Mitarbeiterin mit einer Klage auf 200.000 Euro gedroht zu haben, sollte sie die einvernehmliche Auflösung des Dienstverhältnisses nicht unterschreiben. Zwei leitenden Pflegekräften wurde vorgeworfen, Heimbewohner vernachlässigt und gequält zu haben. Doch der vorsitzender Richter sah die Anschuldigungen durch zahlreiche Zeugenaussagen nicht bestätigt.

Der 62-Jährige hatte zu Prozessbeginn am Montag von dem Gespräch im April 2021 in Wien berichtet: Er habe zu einer Mitarbeiterin, die sich mit der Bitte um Überprüfung von Umständen im Heim ans Land Niederösterreich gewandt hatte, gesagt, dass er sich bei einem allfälligen Schaden für das Unternehmen überlegen müsste, ob er wegen Wiedergutmachung vor Gericht ziehe. Er habe die Beschäftigte aber „nie im Leben zu einer Unterschrift gezwungen“, betonte der Angeklagte.

Laut einem Juristen des Heimbetreibers wurden gemeinsam mit der Frau mögliche Konsequenzen beim Brechen der Verschwiegenheitspflicht besprochen. Die Angaben der 42-jährigen Zeugin unterschieden sich davon: Der Angeklagte habe damals zu ihr gesagt, sie werde auf 200.000 Euro geklagt, wenn sie die einvernehmliche Kündigung mit Zahlung von 15.000 Euro gegen Zusicherung von Verschwiegenheit nicht unterschreibe.

"Sehr erleichtert"

Schließlich wurde der Mann am Dienstagvormittag freigesprochen. „Natürlich ist unser Klient ob dieses Freispruchs sehr erleichtert“, sagte Verteidiger Gerald Ganzger zur APA. Die Staatsanwaltschaft habe noch drei Tage Zeit, um ein Rechtsmittel anzumelden.

Den beiden Pflegekräften war Vernachlässigen wehrloser Personen vorgeworfen worden, weil sie 2021 nichts gegen einen Krätzmilben-Befall im Senecura-Heim unternommen hätten. Eine der beiden musste sich außerdem wegen fahrlässiger Körperverletzung und Datenfälschung verantworten. Alle drei Angeklagten hatten sich von Beginn an nicht schuldig bekannt, aber eingeräumt dass man aufgrund personeller Unterbesetzung stark überlastet gewesen sei.

"Ordentlich aufgearbeitet"

Die Freisprüche kommentierte ein Sprecher der Sencura-Gruppe unmittelbar nach der Urteilsverkündung: „Wir sind sehr froh, dass diese schweren Vorwürfe im Rahmen der Hauptverhandlung ordentlich aufgearbeitet wurden. Wie sich herausgestellt hat, beruhen viele dieser Vorwürfe auf Hörensagen und konnten durch zahlreiche Zeugenaussagen vollständig entkräftet werden. Es ist uns bewusst, dass die Corona-Situation sowohl das Team in Kirchberg/Wechsel als auch die gesamte Pflegebranche in Österreich vor große Herausforderungen gestellt hat. Unsere Mitarbeiter vor Ort haben alles versucht, auch in dieser schwierigen Zeit der Corona Pandemie unsere hohen Standards zu halten. Das Gericht hat das entsprechend gewürdigt und wir freuen uns über die Freisprüche.“

 

Kommentare