Pfarrer rettet als Sanitäter Körper und Seelen

Geburt im rettungsauto
Gleich doppelt nimmt sich Pfarrer Helmut Scheer seiner Schäfchen an: Mit Beichten und Predigten, aber auch tatkräftig als Rettungssanitäter.

„Pfarrer als Geburtshelfer“: Die Meldung ging Ende Juni durch die Medien. Helmut Scheer, Dorfpfarrer von Kreuzstetten im nö. Weinviertel, half gemeinsam mit seinem Kollegen Leopold Bogner als Sanitäter des Kreuzstettner Rettungswagens tatkräftig bei der Geburt der kleinen Luna R.

„Die Schlagzeilen waren falsch. Es war nicht nur ein Pfarrer, sondern auch ein Mechaniker-Meister“, sagt der 50-jährige Scheer.

Für ihn ist es gar nicht so besonders, Pfarrer und Rettungssanitäter zu sein. „Ich kenne einen Priester-Kollegen aus dem Industrieviertel, der auch als Notfall-Sanitäter aktiv ist.“

Trotzdem ist es die Geschichte eines komplexen Lebenswegs, dass Helmut Scheer heute hauptberuflich Seelen und ehrenamtlich Leben rettet. Geboren in Osttirol, kam Scheer schon als Kind mit seiner Familie nach Wien, absolvierte die HTL für Silikat-Technik und begann Betriebswirtschaft zu studieren.

1984 ereilte ihn der Ruf der Kirche: Mit 21 trat Scheer in den Kalasantiner-Orden ein und wurde Priester. 2002 verließ er den Orden und wirkt seither als Pfarrer in Kreuzstetten für die Erzdiözese Wien.

Kirche und Pfarrhaus liegen gleich vis-à-vis der Rotkreuz-Dienststelle; doch die räumliche Nähe allein gab (noch) nicht den Ausschlag: „Ich habe mir damals kurz überlegt, zum Roten Kreuz zu gehen, es war mir aber zu viel Aufwand.“ Dazu kamen zwei Bandscheiben-Operationen, in deren Folge körperliche Aktivitäten eine Zeit lang undenkbar waren.

Motorrad-Unfall

Knackpunkt war ein Sturz mit dem Motorrad 2006. „Damals hat mich der Kreuzstettner Rettungswagen mit Sanitäter Leopold Bogner am Unfallort aufgeklaubt“, erzählt Scheer, der sich beim Sturz eine Knieverletzung zuzog.

Dieser Vorfall ließ im Kopf des Geistlichen die Entscheidung reifen, selbst als Sanitäter aktiv zu werden: „Ich hab mir gedacht, es geht mir gut, ich will ein bisschen zurückgeben.“

Scheer absolvierte eine Ausbildung als Rettungssanitäter und ist seit Juni 2009 im Sanitätsdienst. Seither leistet er rund tausend ehrenamtliche Einsatzstunden pro Jahr. „Montag ist mein freier Tag; also mach’ ich von Sonntagabend bis Montagabend Dienst im Rettungswagen.“

Sein Partner ist dabei meist Leopold Bogner – jener pensionierte Kfz-Mechaniker, der Scheer einst verletzt von der Straße aufgelesen hat und mit dem er auch kürzlich die kleine Luna erfolgreich entbunden hat.

Reanimation

Bei Tausenden Einsatzstunden sammeln sich zwangsläufig Erlebnisse an, die sich ins Gedächtnis einbrennen: Da gab es Todesfälle, wo Scheer kurzfristig die Rolle wechseln musste, um den Angehörigen als Geistlicher beizustehen; aber auch eine Reanimation nach einem Herzinfarkt wird in Erinnerung bleiben. „Weil ich weiß, dass der Betroffene lebt und es ihm gut geht.“ Und eines versteht sich von selbst: „Die Geburt der kleinen Luna werde ich nicht vergessen.“

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