Besonderes Ehrenamt: Warum in NÖ Omas und Opas gesucht werden

Christa Teitzer sitzt an einem Tisch vor einem Aquarium, auf dem mehrere Spiele zu sehen sind.
Im Rahmen des "Oma/Opa-Projekts" wird Kindern mit Unterstützungsbedarf beim Lernen geholfen. Zwei Frauen haben dem KURIER von ihrem Engagement erzählt.

Elisabeth Pfriemer war im Laufe ihres 82-jährigen Lebens bereits einiges. Als junge Frau war die Kremserin Angestellte im Büro einer Schuhfabrik, bevor sie sich als Mutter der Erziehung und Betreuung ihrer Kinder widmete. Später war Pfriemer viele Jahre lang Verkäuferin in der Kremser Innenstadt - erst in einem Wäschegeschäft, später halbtags in einem Antiquitätenladen. Doch obwohl die Wachauerin einigen dieser Beschäftigungen mit großer Freude nachging, war ihr Traum von je her ein anderer.

"Ich wollte immer Lehrerin sein", blickt die Pensionistin zurück. Ein Wunsch, den sich die zweifache Mutter, fünffache Oma und vierfache Uroma indirekt erfüllt hat. 

Ehrenamt im Ruhestand

Seit 2013 beteiligt sich Pfriemer ehrenamtlich beim "Oma/Opa-Projekt" und verbringt durchschnittlich zwei Nachmittage pro Woche damit, ein Kind mit Förderbedarf bei schulischen Herausforderungen zu unterstützten. Während der rund zwei Stunden langen, individuellen Betreuung werden etwa Hausaufgaben gelöst und Spiele gespielt. "Was auch ganz wichtig ist, ist mit den Kindern zu sprechen", sagt Pfriemer. Denn der Großteil der am Projekt teilnehmenden Jugendlichen stamme aus Familien mit Migrationsbiografie.

Wenn man nichts für Integration tut, dann passiert halt auch nichts.

von Christa Teitzer

Pensionierte Pädagogin

"Es sind oft Kinder, die daheim keine Unterstützung haben. Wo Eltern keine Zeit haben, oder selbst kein Deutsch können", erzählt Christa Teitzer aus Amstetten, die sich ebenfalls ehrenamtlich an dem Projekt beteiligt. Die pensionierte Pädagogin hat vor Jahren eine zusätzliche Ausbildung absolviert, um Deutsch als Zweitsprache zu unterrichten. Seit der Flüchtlingswelle 2015 nutzt sie ihr Wissen um Familien in Amstetten bei der Integration zu unterstützten, etwa in dem sie Nachbarskindern beim Deutschlernen hilft. "Ich habe immer gerne gefördert und Nachhilfe gegeben", sagt Teitzer. Es könne zwar niemand Wunder bewirken, "aber wenn man nichts für Integration tut, dann passiert halt auch nichts".

Teitzer hat unter anderem mit Kindern aus China und Rumänien gearbeitet. Im vergangenen Schuljahr war sie zusammen mit Pädagoginnen und Pädagoginnen einer Amstettner Hauptschule damit beschäftigt, einen etwa 12-Jährigen aus Syrien zu alphabetisieren. Der Bub hatte zuvor fünf Jahre in einem Flüchtlingslager in der Türkei gelebt. Mittlerweile sei er in sein Heimatland zurückgekehrt. "Das war eh recht traurig, wie er weggegangen ist. Weil der war wirklich ein sehr lieber Bub", erinnert sich die ehemalige Volksschullehrerin. Auch Pfriemer sind Kinder aus diversen Ländern - darunter Afghanistan, die Türkei sowie die Ukraine - mit unterschiedlichen Schicksale begegnet. Für ihre Schützlinge ist die 82-Jährige von Beginn an mehr Großmutter als Lehrerin gewesen, wie sie erzählt: "Die Kinder sagen auch Oma zu mir."

Stütze für die Familie

Welche wesentliche Rolle Großeltern häufig im Familiengefüge einnehmen, weiß Valeria Bordone. Laut der stellvertretenden Leiterin des Instituts für Soziologie der Universität Wien übernehmen die älteren Generationen häufig Aufgaben, von denen schlussendlich die gesamte Gesellschaft profitiert: "Sie leisten oft flexible Kinderbetreuung, geben emotionale Unterstützung und stellen eine wichtige Ressource für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie dar."

Der generationsübergreifende Austausch könne einen Mehrwert für alle Beteiligten bieten. "Enkelkinder profitieren emotional, sozial und kognitiv von engem Kontakt zu Großeltern", so die Wissenschafterin. Kinder ohne Großeltern oder Kinder, die keinen Kontakt zu ihren Großeltern pflegen, würden diese Ressource im Umkehrschluss oft nicht erleben. Das sei vor allem, aber nicht ausschließlich, bei Migrationsfamilien auffällig. Digitale Technologien können in Teilen Abhilfe schaffen, den persönlichen Austausch jedoch nicht gänzlich kompensieren.

Viele Studien hätten zudem gezeigt, dass die Großeltern selbst vom regelmäßigem Kontakt zu ihren Enkelkindern profitieren - etwa durch eine gesteigerte Lebenszufriedenheit und ein höheres Wohlbefinden. "Die Beziehung zu den Enkeln vermittelt Sinnhaftigkeit, hält kognitiv aktiv und stärkt soziale Integration", begründet Bordone, ergänzt jedoch, dass Balance eine wesentliche Rolle spiele. "Zu intensive oder alleinige Pflegeverantwortung kann auch belastbar sein", so die Expertin.

Die 82-jährige Elisabeth Pfriemer sitz in einem bunt gemusterten Kleid in Blau-Rosa-Tönen in einem Kremser-Cafe

Elisabeth Pfriemer sieht einen Mehrwert in ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit.

Kurze Wegbegleiterinnen

Zwar ist Elisabeth Pfriemer höchstens ein paar Jahre in das Leben ihrer Schützlinge involviert und hält außerhalb der persönlichen Betreuung kaum Kontakt mit den Kindern beziehungsweise Jugendlichen. Dennoch profitiere die 82-Jährige von ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit als Kurzzeit-Oma: "Das Lernen, das Denken, das taugt mir so. Für mich ist das ein Gewinn." Kindern den Volksschulstoff näherzubringen, habe ihr bisher keine Probleme bereitet. "Viele Leute haben Angst, sie könnten nicht mehr addieren, subtrahieren, dividieren", so die 82-Jährige. Das sei in ihren Augen jedoch kein Hindernis, sich an dem Projekt zu beteiligen. 

Eine Aussage, der Teitzer zustimmt: "Ich kann auch nicht alle Hausübungen, die mir die Kinder zeigen, sofort lösen, ohne dass ich nachsehe." Für sie überwiegen klar die Vorteile des Projekts: "Unbedingt gibt einem das viel zurück, darum macht man es ja auch gerne."

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