Odlatzbia Oröwen ist ein wertvolles Handwerk
Bei einer Tagung des österreichischen Fachbeirats für das Immaterielle Kulturerbe wurden neun Elemente neu in das nationale Verzeichnis aufgenommen. Darunter auch das sogenannte „Odlatzbia oröwen“, so wird es zumindest im Volksmund genannt. Konkret geht es dabei um das Abrebeln der Elsbeere.
Die Elsbeere wächst auf Bäumen und das – trotz seiner eher geringen Bekanntheit - doch schon seit einer ganzen Weile. Denn Elsbeerbäume gibt es in Europa schon seit knapp 300 Jahren. In jener Form, in der sie in Niederösterreich in der Region Wienerwald vorzufinden sind, darf man aber durchaus von einer Seltenheit sprechen. Denn hierzulande stehen sie als Solitärbäume nämlich freistehend, mitten auf der Wiese. Dies erleichtert den Landwirten die Ernte. Bis zu dieser ist es allerdings ein langer Weg. Das weiß Jakob Mayer, der seit 2018 Bewirtschafter des Familienbetriebs ist: „Zuerst müssen die Bäume gepflanzt werden. Besonders wichtig ist, dass sie in den ersten Jahren gut gegossen werden. Dann heißt es warten, üblicherweise trägt ein Elsbeerbaum erst nach gut 15 Jahren“. Dadurch, dass der Baum eine immergrüne Knospe hat, ist er auch im Winter grün und vor allem beim Wild sehr begehrt.
Ernte alles andere als ungefährlich
Erst wenn die Bäume Früchte tragen, kann geerntet werden. Die Ernte ist jedoch alles andere als ungefährlich: „Die Bäume sind sehr hoch. Deshalb muss man in der Regel auf eine 15-Meter lange Leitern klettern. Diese werden in die Erde eingegraben und zusätzlich am Baum befestigt“. Ein Gurt sichert die Arbeiter während des Erntens. Vertrauen spielt dabei eine wichtige Rolle: „Wenn man sich in den Gurt hineinlehnt, hängt das Leben quasi am Gurt“. Unfälle sind zwar eine Seltenheit, sind aber dennoch schon vorgefallen. Mayer erinnert sich an einen Vorfall vor zwei Jahren, bei dem mit einem Kranwagen statt der Leiter gearbeitet wurde. Der Kranwagen ist umgekippt, der Arbeiter kämpft heute noch mit den Folgen.
Weitergabe über Generationen
Nach der Ernte kommt es zum Höhepunkt des Arbeitsprozesses: dem Odlatzbia oröwen. Das Abrebeln der Königin der Wildfrüchte – so wird die Elsbeere häufig genannt – findet üblicherweise im Beisammensein statt. Dabei werden häufig Geschichten erzählt und Lieder gesungen. „Keine Maschine kann das übernehmen. Das Oröwen ist ein traditionelles Handwerk“, erklärt Mayer. Für eben dieses hat die Tätigkeit auch den Eintrag ins Verzeichnis des Kulturerbes erhalten. Vom Eintrag erhoffen sich die Bewirtschafter eine Steigerung der Bekanntheit der Elsbeere.
Das Handwerk des Abrebelns wird von Generation zu Generation weitergegeben. Aus den gewonnenen Früchten werden die verschiedensten Produkte hergestellt. „Zu den Topsellern zählen der Schnaps, der Sirup und die Schokolade“, erzählt Mayer.
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