Neue Chefin hat Justizanstalt Gerasdorf in wenigen Monaten umgekrempelt

Gerasdorf Angelika Stoschka
Angelika Stoschka stellt in ehemaliger Jugendstrafanstalt im Bezirk Neunkirchen die Resozialisierung junger Erwachsener in den Mittelpunkt.

Es war eine unvorhergesehene Abzweigung im eigentlich geplanten Karriereweg, die Angelika Stoschka nach Gerasdorf führte. Nach Abschluss ihres Jus-Studiums hatte sie zunächst eine Laufbahn im Außenministerium angestrebt, ehe die heute 36-Jährige in der Generaldirektion für den Strafvollzug im Justizministerium ihre Berufung fand, wie sie selbst sagt: "Kein Tag ist wie der andere, es gibt immer Entscheidungen zu treffen."

Stoschka traf die richtigen Entscheidungen. Daran ließ am Freitag auch ihr Chef, Friedrich Koenig, Generaldirektor für den Strafvollzug in Österreich, keinen Zweifel. Als die neue Leiterin ihr Ernennungsdekret in der Justizanstalt Gerasdorf von Justizministerin Anna Sporrer überreicht bekam, reihte sich Koenig in die Liste der Festredner ein, die die 36-Jährige mit Lob geradezu überhäuften. Rasch sei sie zur stellvertretenden Leiterin der Abteilung Vollzug und Betreuung der Generaldirektion aufgestiegen, "mit gemischten Gefühlen" habe sie dann zunächst die Aufgabe im Bezirk Neunkirchen übernommen, erinnerte sich der Generaldirektor, der Angelika Stoschka selbst für den Job vorgeschlagen hatte. Es ging um eine Transformation der ehemaligen Jugendstrafanstalt.

Die seit Anfang der 1970er-Jahre bis vor rund einem Jahr hier inhaftierten Jugendlichen sind mittlerweile in das neue Jugendgefängnis Münnichplatz in Wien-Simmering übersiedelt. Denn das "Internat im Grünen", wie die Anstalt in Gerasdorf auch scherzhaft genannt wurde, habe abgesehen von seiner idyllischen Lage durchaus logistische Nachteile für den Jugendvollzug gehabt, wie Ministerin Sporrer erklärt. "Die Resozialisierung ist hier absoluter Schwerpunkt, viele dazu erforderliche Einrichtungen, wie zum Beispiel Therapieangebote, gibt es aber nicht in der Umgebung. Dafür ist der neue Standort in Wien wesentlich besser geeignet."

Aus- und Weiterbildung

Untergebracht sind in Gerasdorf nun junge Männer von 20 bis 30 Jahren mit mittleren und langen Haftstrafen - insgesamt 122 sind es derzeit. Und der Schwerpunkt liegt auf deren Resozialisierung. "Das bloße Wegsperren ist kein gutes Rezept. Nur wer das Unrecht seiner Tat einsieht und lernt, sich wieder in die Gesellschaft einzugliedern, wird zu einem geregelten Leben zurückfinden", so Sporrer. Man wolle die Insassen daher "befähigen, ein eigenständiges Leben ohne Straftaten zu bewältigen."

Angelika Stoschka

Friedrich Koenig, Generaldirektor für den Strafvollzug, gratulierte Angelika Stoschka zur neuen Aufgabe.

Dazu setzt man in Gerasdorf auf Aus- und Weiterbildung in vielen verschiedenen Berufen. Den Insassen wird nicht nur ein Schulabschluss ermöglicht, sie können auch diverse Lehren absolvieren, sind während ihrer Haftstrafen großteils in den Arbeitsprozess in der Anstalt integriert. Auch eine eigene Berufsschule steht zur Verfügung. 

"Wie eine Familie"

Angelika Stoschka habe diesen Transformationsprozess in Gerasdorf maßgeblich mitgetragen und "überzeugende Führungskompetenz bewiesen", lobte die Ministerin. Generaldirektor König bestätigte: "Wie schnell und gut das alles gelungen ist, hat sogar mich überrascht." Und die neue Chefin erinnerte sich mit einem Lächeln: "Das alles in wenigen Monaten zu bewältigen, war sportlich. Aber wir haben es geschafft." 

Gerasdorf sei "anders als andere Justizanstalten", streute Stoschka ihren Mitarbeitern dann Rosen: "Wir sind wie eine Familie, es herrscht Zusammenhalt, man kümmert sich umeinander." Im Zentrum stehe für sie, die Insassen "durch Aus- und Weiterbildung wieder in die Gesellschaft eingliedern zu können".

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