NÖ-Mitte sucht seine Identität
Waldviertler, Weinviertler, Mostviertler – alles gestandene Niederösterreicher mit einer gehörigen Portion Regionalbewusstsein. Das Industrieviertel ist als gemeinsame Herkunftsbezeichnung zwar nicht ausgeprägt, aber vorhanden. Tatsächlich gab es seitens der regionalen ÖVP in jüngerer Vergangenheit Bestrebungen, die Bezeichnung Industrieviertel überhaupt loszuwerden. Geworden ist daraus nichts.
Während aber die einen mit ihrer Identität hadern, wird sie anderen komplett vorenthalten: In den vergangenen Jahren hat sich zu Niederösterreichs klassischen vier Vierteln eine weitere Region hinzugesellt. Krems, St. Pölten und Tulln spannen ein Dreieck auf, das als "Zentralraum" oder salopper "NÖ-Mitte" bezeichnet wird. In den Bezirken St. Pölten, Lilienfeld, Tulln, Teilen des Bezirks Krems und der Region bis Klosterneuburg leben immerhin rund 350.000 Niederösterreicher, die in keine Viertels-Schublade passen wollen. Das soll sich ändern.
"Eines unserer Ziele ist es, den Gemeinden eine gemeinsame Identität zu geben", sagt Sabine Klimitsch. Sie ist in der NÖ.Regional.GmbH (siehe Zusatz) für die Landesmitte zuständig. "Es ist wahrscheinlich ein Jahrhundertprojekt, aber es wäre schön, wenn die Menschen eines Tages ganz selbstverständlich sagen: Ja, wir kommen aus NÖ-Mitte."
Größte Aufgabe auf dem Weg zum neuen "Landesfünftel" ist, einen Ausgleich zwischen starker Landeshauptstadt, Tourismus-Hotspot Wachau, dynamischer Region Tulln-Klosterneuburg und peripheren Gemeinden im Alpenvorland zu finden. Passieren soll das in den nächsten sieben Jahren. Die sogenannte "Hauptregionssrategie 2024" hat auch schon einen Schwerpunkt für die Landesmitte aufgetan: "NÖ-Mitte soll als Wissens- und Bildungsregion im Bewusstsein der eigenen Region verankert werden", heißt es in dem Papier.
Strategien
Alleinstellungsmerkmal ist der 2024er-Plan keines. "Wir haben für jede unserer fünf Hauptregionen entsprechende Strategien erstellt", sagt Wirtschaftslandesrätin Petra Bohuslav. Im Mostviertel spielt der ländliche Raum und sein Erhalt eine zentrale Rolle, im Weinviertel die Kooperationen mit den EU-Nordostnachbarn. Im Industrieviertel wird an innovativen Mobilitätslösungen gearbeitet, im Waldviertel am raschen Breitbandausbau. Gemanagt werden die Initiativen unter einem Dach. Bohuslav: "Mit der NÖ.Regional haben wir ein in Österreich einzigartiges Modell der Regionalentwicklung. Von der Katastralgemeinde bis zur Kleinregion werden alle von einer Organisation bedient."
NÖ.Regional.GmbH
Vor zwei Jahren wurden die „NÖ Dorf- und Stadterneuerung“ und das „Regionalmanagement NÖ“ zusammengeführt und in einer GmbH verschmolzen. Einerseits, um Ordnung in die nahezu unüberschaubar gewordene Zahl an Förderprojekten und Regionalinitiativen zu bringen. Andererseits, um Kosten zu sparen. Die Bürostandorte wurden von elf auf sechs reduziert, die Mitarbeiterzahl von mehr als 100 auf 68. Die „NÖ.Regional“ (www.noeregional.at) ist Ansprechpartner für kommunale Projekte aller Art. Ganz oben auf der Agenda stehen Digitalisierung sowie Herausforderung aufgrund steigender Lebenserwartung und sinkender Geburtenraten.
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