Nahezu wöchentlich zeigen Gerichtsprozesse, dass sich junge Islamisten in Parallelgesellschaften radikalisieren. Ein Maßnahmenpaket, dass die schwarz-blaue Regierung in Niederösterreich schüren will, wurde vor zwei Wochen präsentiert, um diese Entwicklungen zu unterbinden. Dabei nimmt eine Beobachtungsstelle, die mithelfen soll, dem politischen Islam "den Nährboden zu entziehen“, eine zentrale Rolle ein. Wie sie angelegt wird, weiß offiziell noch niemand.
Von Strafen für integrationsunwillige Eltern, gesetzlichen Verankerungen von Traditionen und Bräuchen oder klaren Schranken für Islamisten im Dienstrecht des Landes reichen die Maßnahmen, die von Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) und ihrem Stellvertreter Udo Landbauer (FPÖ) angekündigt wurden.
Wie die neue "Beobachtung radikaler Islamisten“, die laut Landbauer der Schlüssel dafür sein soll, "dem politischen Islam den Nährboden zu entziehen und diese Organisationen auch systematisch zu isolieren und zurückzudrängen“, aufgestellt wird, bleibt vorerst geheim. Das zeigte ein KURIER-Rundruf.
"Die Details zur Beobachtungsstelle werden in den nächsten Wochen erarbeitet und im Anschluss daran, die Medien darüber informiert“, hieß es dazu aus dem Büro von LH Mikl-Leitner. Dabei wurde auch an ihre Ankündigung bei der gemeinsamen schwarz-blauen Regierungsklausur erinnert, wo sie die die Beobachtungsstelle gegen den radikalen Islam als ihre zentrale Forderung nannte.
Keine Details
Die Frage, wer, wo, wen beobachtet und das in einem gesetzlichen Kontext auch darf, will man derzeit auch im Büro von LH-Vize Landbauer nicht konkretisieren. "Die Beobachtungsstelle ist ein Schlüsselfaktor im Kampf gegen den radikalen Islam. Es geht unter anderem um eine gebündelte Expertise, um Radikalisierung frühzeitig zu erkennen und dem radikalen Islam den Nährboden zu entziehen. Derzeit arbeiten wir an den Details und der Zusammensetzung. Sobald dieser Schritt abgeschlossen ist, werden wir die Medien informieren“, heißt es dort auf Anfrage.
Ein weißer Fleck scheint das Projekt auch noch bei der Opposition zu sein. "Bei uns weiß niemand etwas darüber“, heißt im SPÖ-Landtagsklub.
Naheliegend ist, dass staatliche Einrichtungen, wie das nö. Landesamtes für Staatsschutz und Extremismusbekämpfung (LSE) und die übergeordnete Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN), die ja schon bisher federführend in der Bekämpfung des radikalen Islams arbeiten, beteiligt sein werden. Wie konkret, wird auch dort nicht preisgegeben "Klar ist, dass wir uns entsprechend einem rechtlichen Rahmen beteiligen. Wie das abläuft, wird sich noch zeigen“, hält sich LSE-Chef Roland Scherscher bedeckt.
Dokumentation
Auch mit einer anderen fachkundigen Einrichtung, der Dokumentationsstelle Politischer Islam (DPI), gibt es seitens Niederösterreichs zwar Kontakte, aber keine offiziellen Abmachungen, berichtete DPI-Sprecher Sascha Krikler.
Die von der Bundesregierung im Juli 2020 eingerichtete Forschungsstelle "Österreichische Fonds zur Dokumentation von religiös motiviertem politischen Extremismus“ arbeitet wissenschaftlich. Aktuell hätten die Radikalisierungstendenzen nach dem Hamas-Terror vom 7. Oktober 2023 allgemein stark zugenommen, heißt es aus der DPI. Auffällig sei, so Krikler, dass radikale Akteure vermehrt über die Staatsgrenzen hinweg agieren.
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