Einige von Wagner-Kesslers Patientinnen und Patienten haben bisher noch keinen neuen Hausarzt oder eine neue Hausärztin gefunden – rufen sie bei den Kolleginnen und Kollegen im Sprengel an, hören sie immer das Gleiche: „Wenn es dringend ist, kommen Sie, aber wir können eigentlich niemanden mehr nehmen.“ Vorsorgeuntersuchungen, Impfungen – bitte warten.
Günter Widhalm ist einer der Zwettler Hausärzte, der immer mehr neue Patientinnen und Patienten aufgenommen hat. „Ich verstehe nicht, warum diese Stelle noch unbesetzt ist.“ Die Nachfolge von Wagner-Kessler hätte sich in ein gemachtes Nest setzen können, sagt er. Damit meint er die Schritte, die die Gemeinde nach der Praxisschließung unternommen hat, um einem neuen Arzt oder einer neuen Ärztin den Anfang zu erleichtern: Das Mobiliar abgelöst und die Praxisräumlichkeiten angemietet. „Der Standort ist optimal, direkt beim Betreuten Wohnen mit 26 Wohneinheiten und neben dem Seniorenzentrum St. Martin mit 110 Betten. Frau Wagner-Kessler hatte alle Bewohnerinnen und Bewohner betreut“, erklärt ein Sprecher der Gemeinde Zwettl. In der letzten Gemeinderatssitzung habe man nun aber beschlossen, das Mietverhältnis mit Ende Mai aufzulösen, man könne die Kosten nicht ewig tragen. Bisher flossen dafür bereits 37.000 Euro.
Gründung PVZ
Um Versorgungslücken zu schließen, liegt die Hoffnung nun in einem Primärversorgungszentrum (PVZ) – an mindestens fünf Tagen 50 Stunden pro Woche geöffnet. Bis 2028 soll laut Plan des Landes NÖ jede Bezirkshauptstadt über zumindest eine Primärversorgungseinheit verfügen. Am 9. April gab es in Zwettl eine Infoveranstaltung für Ärzte und Ärztinnen, die sich vorstellen könnten, eine GesmbH zu gründen und ein solches Zentrum zu betreiben. Laut Gemeinde seien rund 15 Ärztinnen und Ärzte dabei gewesen – drei würde es für das PVZ brauchen. Definitiv Interesse hätte Günter Widhalm. „Ich halte das für eine gute Idee und wäre auch bereit, die Investition mitzutragen – 1,5 Millionen Euro wären das schon“, erklärt er. Doch dazu würde er die richtigen Partner brauchen: „Ärzte, die bereit sind, anzupacken.“ Selbst wenn sie sich finden: Bis ein PVZ in Betrieb gehen könnte, würde es noch dauern.
Die offene Kassenstelle zu besetzten, könnte unterdessen immer schwieriger werden. Die Ärztekammer NÖ erklärte auf KURIER-Nachfrage: Wenn eine Stelle so lange vakant ist, könnten Interessenten befürchten, dass sie nicht genug Patientinnen und Patienten hätten, da sich nach so langer Zeit jeder schon einen neuen Arzt gesucht hat. Widhalm meint dazu: „Ich würde liebend gerne an andere Kolleginnen oder Kollegen verweisen können. Die eigenen Kapazitäten sind irgendwann aus und dann wird es fahrlässig.“
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