Handball-Trainerlegende Gunnar Prokop: 85 und kein bisschen müde
Johanna Mikl-Leitner und Erwin Pröll überreichten Prokop den „Leopold“.
Von Wolfgang Lehner
Kurz vor seinem 85. Geburtstag radelte Gunnar Prokop zum insgesamt 36. Mal den Großglockner hinauf. Ohne elektronische Unterstützung, in der sagenhaften Zeit von 1 Stunde 50 Minuten. Der sportliche Ehrgeiz, der des Öfteren mit ihm auch durchgegangen war, treibt ihn persönlich heute noch zu Höchstleistungen. "Ich habe 60 Jahre andere gequält, jetzt quäle ich mich selbst“, meint der einstige Erfolgstrainer mit einem Schuss Ironie im KURIER-Gespräch.
Ein Peitschenknaller, wie viele behaupten, sei er aber nie gewesen. Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) hatte den Jubilar mit seiner Familie und vielen Wegbegleitern am Dienstag in den Millenniumssaal des Regierungsviertels geladen. Als erfolgreicher Leichtathletik- und Handballtrainer und als Erfinder, Gründer und langjähriger Leiter des Leistungszentrums in der Südstadt wurde er für sein Lebenswerk mit dem „Gläsernen Leopold“ ausgezeichnet.
Gunnar Prokop schrieb Sportgeschichte
Das Große Ehrenzeichen des Landes NÖ war ihm zuvor bereits im Jahr 2000 verliehen worden. Prokop habe Sportgeschichte geschrieben, betonte Mikl-Leitner. Gemeinsam mit seiner Frau Liese habe er den Grundstein für das Sportland Niederösterreich gelegt, Talente gefördert, Erfolge ermöglicht und nachhaltige Strukturen geschaffen.
Hinter einer harten Schale verberge sich ein weicher Kern, sprach Mikl-Leitner auch die soziale Komponente des ausgebildeten Sportlehrers an. Der gab erstmals preis, dass er mit zwölf Jahren gerne Pfarrer geworden wäre, die Leidenschaft zum Klettern und Bergsteigen habe ihn dann aber in Richtung Sport geleitet. Er sei fest davon überzeugt, „dass jemand alles erreichen kann, wenn er daran glaubt und das auch im Herzen trägt“.
Gunnar Prokop als Erfolgstrainer
Apropos Herz. Christoph Schuh, der Generalsekretär der Franz Klammer Foundation, überreichte Gunnar Prokop einen Scheck in der Höhe von 2.500 Euro, um damit ein Herzensprojekt seiner Wahl im Nachwuchsbereich fördern zu können.
Die Erfolgsliste von Gunnar Prokop als Trainer ist lange und beeindruckend. So wählte ihn die Europäische Handball Federation 2007 zum Jahrhunderttrainer. Immerhin hatte er die Damen von Hypo Südstadt und später Hypo Niederösterreich achtmal zum Champions-League-Titel geführt. Und das Frauennationalteam zu einem dritten Platz bei Europa- und Weltmeisterschaften gepusht.
Tränen, Busserl und Proteststürme
Von den 33 hintereinander erreichten Titeln in der heimischen Meisterschaft ganz zu schweigen. „Freilich haben viele Mädchen geweint, wenn das Training besonders hart war. Aber wenn wir gewonnen haben, haben sie mich abgebusselt“, ist Prokop auch heute noch der Meinung, „dass Frauen einfach härter zu sich selbst sind als Männer“.
Sein traditionelles Frauenbild aber hatte seinerzeit für Aufregung gesorgt. Mit der Aussage „Frauen gehören hinter den Herd, Mutter ist ein schöner Beruf“ handelte er sich Proteststürme ein.
Gunnar Prokop mit seiner bereits verstorbenen Frau Liese, der ehemaligen LH-Stellvertreterin und Innenministerin.
Die gemeinsamen Erfolge mit seiner inzwischen verstorbenen Frau Liese zählen für Prokop zu den größten und emotionalsten Momenten seiner Trainerlaufbahn. Die spätere Landeshauptfrau-Stellvertreterin und Innenministerin (ÖVP) holte bei den Olympischen Spielen in Mexiko 1968 Silber im Fünfkampf, verbesserte in dieser Disziplin zweimal den Weltrekord und gewann einmal den Europameistertitel. Als Karrierefrau widerlegte sie die Aussagen ihres Ehemannes zur Rolle der Frau. Offiziell reagierte sie dazu aber diplomatisch und mit ihrer gewohnt verbindlichen Art.
Immer hart im Nehmen
Selbst war Gunnar Prokop zeit seines Lebens hart im Nehmen. Als 16-jähriges Nachwuchstalent brach er sich beim Turnen einen Halswirbel und ging mit Gips mehrere Monate auf die Skipiste. Als 78-Jähriger erlitt der staatlich geprüfte Skilehrer in seiner Wahlheimat Annaberg beim Skifahren Mehrfachbrüche an beiden Beinen und entging nur knapp einer Amputation seines rechten Unterschenkels.
Als Handballtrainer wurde er in Skopje in Mazedonien von Rowdys niedergeschlagen, im rumänischen Vilcea kassierte er ein paar Ohrfeigen, und bei einem Spiel in Ungarn schlugen ihn die Ordner nieder. „Ein wilder Hund“, meinten die einen, „ein harter und konsequenter Siegertyp“ die anderen.
"Blödeste Aktion": Spielerin mit Rempler gestoppt
Seine Emotionen trieben ihn auch zu seiner „blödesten Aktion“, wie er heute sagt, als er eine gegnerische Spielerin mit einem Rempler stoppen wollte. „Man macht im Leben leider nicht nur gescheite Sachen.“
Letztendlich aber habe er immer alles dem sportlichen Erfolg untergeordnet. Ein Erfolg, „der süchtig gemacht hat“, so Prokop. Heute blickt er auf ein „erfülltes Leben“ zurück und genießt die Gegenwart, mit seinen drei Kindern, den fünf Enkerln und einem Urenkerl.
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