Niederösterreich: Gemeinden stottern Schulden ab

Schuldenfreies Großhofen: Bürgermeister betont Spargedanken.
Zahl der Sanierungsgemeinden in Niederösterreich halbiert. Zwei Orte sind schuldenfrei.

94 Einwohner, drei Betriebe und null Euro Schulden – das ist die Gemeinde Großhofen im Marchfeld. Niederösterreichs kleinste Gemeinde ist neben Hausbrunn eine von zwei Ortschaften, die laut Statistik Austria am Jahresende 2014 nach den Maastricht-Kriterien eine schwarze Null im Rechnungsabschluss stehen hatte. "Was wir uns nicht leisten können, machen wir auch nicht", erklärt Ortschef Georg Weichand sein Erfolgsrezept. Lediglich ein jahrzehntealter langfristiger Kredit für den Kanal sei mit 34.600 Euro noch offen.

Vieles würde in Großhofen in Eigenregie erledigt. Gemeindemitarbeiter etwa gibt es keine. Und so steht der Bürgermeister mitunter selbst im kleinen Park und fegt das Laub vom Rasen. Natürlich sei das Dorf nicht repräsentativ, doch der Spar-Gedanke, meint Weichand, würde auch anderen Kommunen durchaus guttun.

Tatsächlich haben nö. Gemeinden zuletzt negative Schlagzeilen gemacht. Wr. Neustadt und ihre Holding-Unternehmen haben bis 2013 391,1 Millionen Euro an Schulden angehäuft, Schwechat steht mit rund 75 Millionen Euro in der Kreide. Insgesamt 3,576 Milliarden Euro betrugen 2014 die Finanzschulden aller Kommunen. Das ist im Bundesvergleich (ohne Wien, Anm.) der höchste Wert. Der öffentliche Schuldenstand nach Maastricht macht immer noch 1,794 Milliarden Euro aus. Die Pro-Kopf-Verschuldung betrugt 2208 Euro – nur Wien weist höhere Werte auf.

Niederösterreich: Gemeinden stottern Schulden ab
Dennoch sind der Gemeindebund und das Land zufrieden mit der Entwicklung. Nirgendwo haben die Kommunen ihre Rückzahlungen so stark gesteigert wie in NÖ. 369 Millionen Euro wurden 2014 getilgt. Neuschulden wurden hingegen nur in der Höhe von 298 Millionen Euro aufgenommen.

"Es uns gelungen, die Zahl der Sanierungsgemeinden von 60 im Jahr 2010 auf 29 im Jahr 2014 zu reduzieren", erklärt Günther Haslauer, Sprecher von Finanzlandesrat Wolfgang Sobotka. Generell seien die Schulden seit 2010 um 200 Millionen Euro gesunken –trotz steigender Sozialausgaben. Allein die Mindestsicherung koste die Gemeinden 55 Millionen Euro pro Jahr. "Obwohl wir mehr Aufgaben bekommen haben, konnten wir Schulden abbauen und investieren", sagt Alfred Riedl, Vizepräsident des Österreichischen Gemeindebundes.

Vermögen

Einig sind sich die Experten, dass allein die Höhe der Verbindlichkeiten kaum aussagekräftig ist. "Man muss auch den Reichtum sehen. Das Land NÖ etwa hat das höchste Vermögen in Österreich", meint Haslauer. Dazu komme, dass die Gemeinden bei den Investitionen bundesweit auf Platz 3 liegen.

Anders interpretieren jedoch die Neos, die seit Jänner in 23 Gemeinden vertreten sind, die Zahlen: "Die Kommunen sind überhaupt nicht vorbildhaft", kritisiert Nationalrat und Landessprecher, Nikolaus Scherak.

Er vermutet, dass der Schuldenberg aufgrund von versteckten Rückständen sogar noch höher ist. "Die Gemeinden müssen anfangen ihre Schulden abzubauen, damit für die nächsten Generationen noch ein Spielraum besteht", fordert Scherak, der sich für die Einführung eines Bürgerhaushalts ausspricht. Die Idee dahinter: Die Verwaltung bemühe sich um mehr Transparenz, die Bürger selbst könnten über die Verwendung frei werdender Budgetmittel mitentscheiden.

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