Neunkirchner FPÖ-Desaster: Kommt die große Austrittswelle?

Das Logo der FPÖ, die nun einen Funktionär in Niederösterreich ausschloss.
Nach der Demontage und dem Parteiausschluss von Vize Marcus Berlosnig und sechs seiner Mandatare rumort es an der Basis der Freiheitlichen.

Das Politbeben innerhalb der FPÖ in der Stadt Neunkirchen zieht weite Kreise. Weiter, als es der Landes-FPÖ und dem neuen Landesgeschäftsführer Helmut Fieder vermutlich lieb ist.

Zehn Monate, nachdem die Freiheitlichen in Neunkirchen bei der Gemeinderatswahl mit 23,13 Prozent das historisch beste Wahlergebnis in der Geschichte einfuhren, liegt die Fraktion in der Stadt in Trümmern.

FPÖ-Vizebürgermeister Marcus Berlosnig und sechs seiner Gemeinderäte wurden von der Partei ausgeschlossen, weil sie eine Weisung "von oben“ ignorierten.

Wilde Mandatare machen weiter

Sie hätten im Gemeinderat gegen den Koalitionspartner ÖVP rebellieren und gegen das Sparpaket stimmen sollen.
Nur FPÖ-Stadtrat Willi Haberbichler und FPÖ-Gemeinderat Bernd Trenk gehorchten. Dafür werden beide in Neunkirchen von Berlosnig und den sechs anderen "wilden Mandataren“ ihrer Funktionen enthoben.

In den Reihen der FPÖ-Basis hat das Vorgehen der Landespartei ein kleines Beben ausgelöst. Die Liste jener FPÖ-Mitglieder, die nach dem "Neunkirchen-Gate“ erbost hinschmeißen und aus der Partei austreten, wird länger. Als Erste sagte ausgerechnet die Frau des Neunkirchner FPÖ-Bezirksparteichefs und LAbg. Jürgen Handler „Leb Wohl“.

Julia Vargek Ipsa hält es für eine "riesige Sauerei“, wie mit Berlosnig und den anderen umgegangen wurde. "Die gute Arbeit im Bezirk wurde mit einem Schlag zunichte gemacht“, so Vargek Ipsa.

Savana Günther-Habib, Spitzenkandidatin und FPÖ-Gemeinderätin aus Pitten (Bezirk Neunkirchen), rechnete am Freitag in Sozialen Netzwerken mit den Blauen ab.

Besonders FPÖ-Landesgeschäftsführer Helmut Fiedler, der ebenfalls aus Neunkirchen kommt, wird als Reibebaum gesehen. "Das was sich die Landesebene unter Helmut Fiedler derzeit leistet, hat mit der FPÖ, für die ich einmal voller Überzeugung angetreten bin, nichts mehr zu tun. Es geht nicht mehr um die Menschen, nicht um Politik mit Hausverstand, nicht um ehrliche Arbeit für die Bürger – es geht nur noch um Macht, Intrigen und Selbstbedienung“, so Savana Günther-Habib auf Facebook.

FPÖ-Landesgeschäftsführer Helmut Fiedler (li.) und Landesparteisekretär Alexander Murlasits.

FPÖ-Landesgeschäftsführer Helmut Fiedler (li.) und Landesparteisekretär Alexander Murlasits.

"Geht nicht um die Bürger"

In der FPÖ–Landeszentrale in St. Pölten will man nicht jeden einzelnen Facebook-Eintrag kommentieren, heißt es auf Anfrage des KURIER.

Man bereue nichts an der Vorgehensweise. "Es geht in Neunkirchen nur um Positionen und Macht und nicht um die Bürger“, heißt es aus der Landespartei.

Marcus Berlosnig will als parteifreier Vizebürgermeister weiter machen: "Wir haben uns neu formiert und unsere Arbeit für Neunkirchen wieder aufgenommen. Das kleine Störfeuer vom letzten Montag braucht niemanden verunsichern, wir sind politisch voll handlungsfähig.“

"Parallelverschiebung zu den Regierungsverhandlungen"

In der FPÖ-Landeszentrale in St. Pölten will man nicht jeden einzelnen Facebook-Eintrag kommentieren. "Was in Neunkirchen passiert, ist eine Parallelverschiebung zu den Regierungsverhandlungen. Auch da wollte die ÖVP, dass Kickl die Wähler und alles, was er vor der Wahl versprochen hat über Bord wirft, damit er den Kanzler bekommt. Herbert Kickl hat gezeigt, dass er auch noch nach der Wahl dem Wähler im Wort ist, egal mit welchem Posten gewunken wird“, so FPÖ-Landesparteisekretär Alexander Murlasits.

Er sieht Parallelen zur Situation um Berlosnig in Neunkirchen: "Was nutzt ein Kanzler, wenn die Menschen und das Versprochene auf der Strecke bleiben“.

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