Mehr Naturschutz: Bienen lieben britischen Führungsstil

Negative Folgen lösen ein neues Bewusstsein für die Insekten aus / Anzahl der Imker steigt stark an.

„Ein Bienenvolk funktioniert wie Großbritannien. Die Königin sorgt für Harmonie, die Arbeitsbienen treffen die Entscheidungen“, sagt Max Schuster zu seinen Kursteilnehmern. Im Hintergrund ist ein lautes Surren zu hören, das so klingt, als wäre in der Nähe ein stark frequentierter Flugplatz in Betrieb. Nur, dass hier keine Propellermaschinen, sondern ununterbrochen fleißige Bienen starten oder landen. Auch wenn das Bienensterben in aller Munde ist, scheint die Welt im Garten von Johann Moser im Waldviertel in Ordnung: „Ich kann nicht klagen. Aber dort, wo es Raps gibt, höre ich immer wieder, dass es Probleme mit den Spritzmitteln gibt“, erzählt Moser.

Imkerwirt Moser: "Wo Raps ist, ist es ein bisschen gefährlicher"

Vielerorts haben der Einsatz von Pestiziden, Verlust blühender Wiesen und Klimawandel nachweislich einen starken Rückgang von Bienenvölkern ausgelöst. Dank vieler Initiativen – auch anlässlich des Weltbienentags am 20. Mai – ist inzwischen ein neues Bewusstsein für die negativen Folgen in der Natur entstanden. Laut einer Studie von marketagent.com wünschen sich drei Viertel der Befragten mehr Engagement. Einen Aufwärtstrend spüren vor allem die Imkervereine. „Seit 2016 hat sich die Zahl der Mitglieder bei uns von elf auf 20 fast verdoppelt“, erklärt Martin Maurer, Obmann des Imkerverbands in Schönbach.

Imkerobmann Maurer: "Wir verspüren einen starken Trend zur Biene"

Aufwärtstrend

Auch landesweit lässt sich dieser Boom ablesen. Besaßen im Jahr 2010 in Niederösterreich rund 3400 Imker ungefähr 36.000 Bienenvölker, kümmern sich nun mehr als 5000 um zirka 62.000 Völker. Sogenannte Probe-Imkertage mit Theorie und Praxis wie im Garten von Moser in Kleingöttfritz im Bezirk Zwettl wecken das Interesse.

Ohne Schutzausrüstung, nur mit einem Smoker in der Hand, geht Moser an die Arbeit. Durch den Rauch werden die Tierchen im Bienenhaus ruhig gestellt. „Die haben eine feine Sensorik. Hektische Leute mögen sie nicht. Sie wehren sich mit Stichen“, erklärt Moser, zu dem viele auch „Imkerwirt“ sagen. Seit rund 28 Jahren sind Bienen sein Hobby. Mit seiner ungebrochenen Begeisterung hat er schon mehrere Gäste angesteckt.

 

Mehr Naturschutz: Bienen lieben britischen Führungsstil

„Der Aufwand ist überschaubar. Ich rate jedem, der beginnen will, zuerst einen Einsteigerkurs zu machen, um zu wissen, was etwa bei Parasiten wie der Varroamilbe zu tun ist“, sagt der Wirt. Einer, der sich von ihm überreden ließ, ist Toni Rahofer. Seit vier Jahren hat er seine eigenen drei Bienenstöcke in seinem Garten stehen. Seither beschäftigt er sich intensiver mit der Natur. „Man wird aufmerksamer und beobachtet, was sich in der Umwelt tut“, sagt Rahofer. Mehrere Stiche pro Jahr bringen ihn nicht aus der Ruhe, nach jedem weiteren gewöhne man sich mehr daran. Daher könne er sich das Aufstellen zwei bis drei weiterer Stöcke noch vorstellen. „Es soll aber ein Hobby bleiben“, sagt Rahofer.

Angehender Imker Braunsteiner: "Ich hab gehört, dass es weniger Arbeit ist, als ich dachte"

Gartenarbeit

Auch Reinhard Braunsteiner aus Ottenschlag hat vor, Bienenvölker im Garten anzusiedeln. „Eigentlich wollte ich nur mit einem Volk beginnen. Aber heute habe ich gelernt, dass es besser ist, mit mindestens zwei zu starten“, schildert er. Moser kennt den Grund: „Es ist nicht immer etwas zu tun. In der anfänglichen Euphorie betreut man einen einzelnen Stock womöglich zu Tode.“

Dass am Probe-Imkertag gleich 16 Teilnehmer interessiert zuhören, freut die Organisatoren. „Der Biene geht es schlecht, wenn sie nicht sachgemäß betreut wird. Und genau dafür brauchen wir die Imker“, sagt Maurer. Wer gesetzliche Rahmenbedingungen wie etwa Mindestabstände zum Nachbargrund oder die Registrierungspflicht der Bienenvölker beachtet, kann relativ zügig als Imker durchstarten. Die Mindestkosten für Schulung, Schutzausrüstung, Behausung und Werkzeug betragen rund 500 Euro.

Kursleister und Imker Schuster: "Der Klimawandel ist ein indirektes Problem"

Gerade in Zeiten der Erderwärmung sei es wichtig, die Bienengesundheit und Biodiversität zu fördern, um das Überleben der nützlichen Insekten zu sichern. „Hitze- und Trockenphasen verkürzen die Vegetationszeit, weshalb Löwenzahn und Obstbäume oft nur eine Woche blühen. Das ist sehr kurz“, sagt Schuster. Damit der Lebensraum besser geschützt wird, soll jedes Dorf in der Region Waldviertler Kernland – als Ziel – einen Bienenstock erhalten.

Kommentare