Naturkatastrophe im Waldviertel: Heeres-Requiem für die Fichte
Herbert Gaugusch blickt auf eine große kahle Fläche, die einer Mondoberfläche ähnelt. Die vielen Baumstümpfe wirken wie Krater. Daneben sind nur noch Reste von Wäldern zu sehen. Der Interims-Kommandant des Truppenübungsplatzes Allentsteig im Waldviertel spricht von einer Naturkatastrophe, wenn er darüber berichtet, was der Borkenkäfer auf dem militärischen Sperrgebiet bisher angerichtet hat. 150 bis 200 Lkw mit „toten“ Fichten verlassen pro Woche das Gelände. Um die befallenen Bäume aus der Blindgänger belasteten Zone entfernen zu können, sind seit Jahresbeginn splittergeschützte Holzerntemaschinen im Einsatz.
Der schlimmste Feind des TÜPl Allentsteig
Obwohl auch schon davor ABC-Abwehrspezialisten das Ausbreiten der Schädlinge zu verhindern versuchten, der KURIER berichtete, hat sich der Borkenkäfer massenhaft vermehrt. Die Schäden durch den Eisregen im Dezember 2014, mehrere heiße und trockene Sommer hätten die Lage verschärft: „In der Kernzone A können wir von einem Totalausfall der Fichte sprechen“, erklärt Gaugusch.
Totholz
Betroffen ist eine Fläche von ungefähr 1.500 Hektar – umgerechnet sind das mehr als 2100 Fußballfelder. Kapitulieren müsse das Militär aber nicht, betont Gaugusch. Zirka 100.000 Festmeter sind schon abgeholzt, bis zu 500.000 Festmeter müssen noch entfernt werden. Teilweise sollen tote Fichten stehen bleiben, damit sich Insekten einnisten können.
Das Abholzen im Sperrgebiet stellt sich als lebensgefährliche Mission dar, weil die befallenen Fichten genau dort stehen, wo oft Soldaten mit Panzern und scharfer Munition üben. Die Gefahr, auf Blindgänger zu stoßen, ist groß. Daher sind Holzerntemaschinen von einer Spezialfirma mit teurer Militärtechnik ausgestattet worden. „Die Fahrerkabine ist schuss- und splittergeschützt. Alleine das Fenster ist 96 Millimeter dick. Um die Tür auf- und zumachen zu können, ist wegen des Gewichts eine hydraulische Hilfe nötig“, erklärt Einsatzleiter Peter Kerschbaumer von „Klade-Group“.
Kapazitätsgrenze
Die Kritik aus der Nachbarschaft, dass zu langsam gerodet wird, lässt der Kommandant nicht gelten: „Die Holzindustrie hat ihre Kapazitätsgrenze erreicht. Mehr schafft sie logistisch nicht“, sagt Gaugusch. Deshalb türmen sich an vielen Plätzen reihenweise die Holzstöße. Je nach Qualität kommen die vielen Baumstämme entweder in die Säge- oder Papierindustrie. Damit der Borkenkäfer umliegende Wälder außerhalb des Truppenübungsplatzes nicht befallen kann, habe man zuerst die Randzonen bearbeitet, schildert der Kommandant.
Wie das Gelände in Zukunft aussehen wird, darüber machen sich die Zuständigen bereits Gedanken. Immerhin gilt auch für das Bundesheer Aufforstungspflicht.
Naturverjüngung
„Einerseits setzen wir auf Naturverjüngung, um klimafitte Mischwälder zu erhalten. Andererseits pflanzen wir Eichen, wo die Bewaldung auf natürlichem Wege nicht funktioniert“, sagt Gaugusch. Gleichzeitig will er die Blindgänger belastete Zone A verkleinern, um frei werdende Flächen wirtschaftlicher nutzen zu können. Mit Minenräumfahrzeugen sollen auch neue Brandschutzstreifen errichtet werden, damit die Gefahr von Bränden sinkt. Zum Löschen will Gaugusch noch ein splittergeschütztes Einsatzfahrzeug – sonst streiche er im Sommer die Übungen.
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