Nach Pflegeskandal kommt neues Kontrollsystem in NÖ
Der Skandal im privaten Pflegeheim "Clementinum" in Kirchstetten, Bezirk St. Pölten, war zuletzt der Turbo für die Neustrukturierung der Pflegeaufsicht in NÖ. Während sich das Land als behördliches Kontrollorgan nun stärker auf die Einhaltung gesetzlicher Rahmenbedingungen beschränken will, soll die nö. Patientenanwaltschaft ab April eine neue Anlaufstelle für Pflegebeschwerden werden. Dabei geht es nicht nur darum, ein anonymes Beschwerde-Management zu führen, sondern auch "proaktiv und präventiv" tätig zu werden, um Fehler in den mehr als 100 landeseigenen und privaten Pflegeheimen in NÖ aufzuspüren.
Wie berichtet, soll es im "Clementinum" zu Übergriffen auf Klienten gekommen sein. Gegen vier ehemalige Mitarbeiter, die alle Schuld von sich weisen, wird ermittelt. Ob es allerdings auch zu einer Anklage kommt, ist laut Staatsanwaltschaft St. Pölten noch nicht entschieden. Möglicherweise müssen die Erhebungen der Polizei noch weitergeführt werden.
Das neue Modell der nö. Patientenanwaltschaft beinhaltet mehrere Eckpunkte: Neben einem unabhängigen Blick auf die Strukturen und Tagesabläufe in den Pflegeheimen – dazu zählen etwa Leitung, Hierarchie, Zusammenarbeit im Team, Betreuung und Bewohnerrechte – geht es auch um einen niederschwelligen Zugang für betroffene Heimbewohner oder deren Angehörige.
Frühwarnung
Um Kontrollen qualifiziert durchzuführen, wird es ein Frühwarnsystem geben. "In der ersten Stufe sammeln wir Infos", sagt Patientenanwalt Gerald Bachinger und zählt dafür ein Meldesystem, Befragungen, das Auswerten von Beschwerden sowie das Vernetzen mit ehrenamtlichen Mitarbeitern und Rettungssanitätern auf.
In der Vergangenheit habe die Patientenanwaltschaft nur reagiert, wenn es Anhaltspunkte für Probleme in Heimen gegeben habe, jetzt wolle man präventiv und proaktiv tätig werden. Bachinger schließt jedoch routinemäßige Überprüfungen aller 48 landeseigenen und 62 privaten Pflegeheime aus. "Wir wollen auf niemanden mit dem Finger zeigen, sondern praxisorientierte Lösungen liefern", sagt Bachinger. Dafür soll es Analysen, Kontakte vor Ort und Ansätze geben.
Fehlermanagement
Um Verbesserungen in der Pflege zu erzielen, hofft Soziallandesrätin Barbara Schwarz auf ein gelebtes Fehlermanagement: "Das sollte wie bei einer Fluglinie funktionieren. Sobald es an Bord einen Fehler gibt, wird dieser gemeldet und an der Behebung und zukünftigen Vermeidung gearbeitet." Auch bei den besten Systemen gebe es keine Garantie dafür, dass nicht wieder etwas passiert, es gelte aber, die Latte weiter nach oben zu schieben, meint Bachinger.
Gerade bei krimineller Energie könne eine Vertuschung nicht ausgeschlossen werden. "Aber jeder hat eine Chance verdient, der Fehler in Zukunft vermeiden will. Wenn es wiederholt zu Verfehlungen kommt, muss es jedoch personelle Konsequenzen geben", meint Schwarz.
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