Mobile Palliativteams: Die letzten Tage schön verbringen

Mobile Palliativteams: Die letzten Tage schön verbringen
Mobile Palliativschwestern und -pfleger ermöglichen ein Sterben zu Hause. Ohne Spenden wäre das nicht möglich.

Nach dem Besuch muss Gabi Ruh erst einmal tief durchatmen. Schweigend geht sie ein paar Schritte. „Nach solchen Terminen fahre ich nicht gleich zum nächsten  Termin, sondern versuche runterzukommen. Gerade bei jungen Patienten ist es doch auch eine Belastung.“

Wenige Minuten zuvor saß Ruh noch bei Silvia M. auf der Couch, hielt ihre Hand. Die 47-Jährige ist mobile Palliativschwester beim Verein Hospiz Mödling. Seit elf Jahren begleiten die Mitarbeiter sterbende Menschen, sorgen dafür, dass sie ihre letzte Lebenszeit zu Hause verbringen können. Zwischen 170 und 180 Patienten betreut das mobile Palliativteam pro Jahr. Im Vorjahr leisteten zwölf haupt- und 35 ehrenamtliche Mitarbeiter 17.000 Stunden Hospizarbeit. Letztere machen nach entsprechender Ausbildung Nachtwachen oder entlasten Angehörige. "Wir versuchen, ein Netz zu knüpfen, damit es eine stabile Betreuung gibt", sagt die Geschäftsführerin Irene Blau.

Seit Kurzem ist Ruh für die 47-jährige Silvia M., die eigentlich anders heißt, da. M. möchte nicht, dass alle von ihrer Krankheit erfahren. Sie hat Bauchspeicheldrüsenkrebs. Metastasen haben sich bereits in Lunge und Leber gebildet. Inoperabel. Die Chemotherapie musste sie abbrechen. Ihre Diagnose bekam sie im August, die Ärzte geben ihr noch zwei bis vier Monate. Als Ruh sie besucht, liegt M. auf der Couch. „Grüß Gott“, sagt sie und setzt sich zu der Kranken. „Hatten Sie wieder Fieber?“ M. ist schwach, knapp zehn Kilo hat sie abgenommen. Sie kann nur wenig essen, erhält durch einen Katheter künstliche Ernährung. Im Alltag hilft ihr auch eine Schmerzpumpe, die regelmäßig von Ruh nachgefüllt wird.

Mobile Palliativteams: Die letzten Tage schön verbringen

Am Besuchstag ist M. sehr übel. „Ich habe heute ein bisschen mehr gedrückt“, sagt die 47-Jährige und weist auf die Pumpe. Ruh beruhigt ihre Patientin, mahnt aber: „Wegen der Fieber-Geschichte, wenn es nicht besser wird, fahren Sie wirklich ins Krankenhaus.“ Die Palliativschwester ist aber nicht nur für das Schmerzmanagement zuständig. Sie legen neue Katheterzugänge, informiert die Patienten und Angehörigen, koordiniert Behandlungen und Termine mit Ärzten und Krankenpflege, helfen beim Thema Pflegegeld. Was genau notwendig ist, wird in Abstimmung mit Palliativärzten und Sozialarbeitern bei der wöchentlichen Dienstbesprechung beschlossen.

Kein Zeitdruck

Auch an diesem Mittwoch ist Ruh mit M.’s Sohn in Kontakt. Für M. ist aber eine andere Art der Betreuung ausschlaggebend. „Ich weiß, dass da jemand da ist für mich. Der mir hilft wenn es mir schlecht geht“, sagt die 47-Jährige.  Der auch einfach nur zuhört. Zeitdruck hat Ruh bei ihren Besuchen nicht. „Wenn es jemandem schlecht geht, bleibe ich auch zwei Stunden da. Auch, wenn Angehörige Redebedarf haben.“ Auch fixe Termine gibt es nicht, die Schwestern und Pfleger kommen bei Bedarf.

Zehn Patienten betreut „Schwester Gabi“ derzeit. Nicht bei allen ist sie wöchentlich zu Besuch, geht es zu Ende, kann sie aber auch täglich da sein. Daran denkt M. aber nicht: „Ich kämpfe solange es geht“, sagt sie.

Ganz leicht wird es dem mobilen Palliativteam aber nicht gemacht. Das Thema stehe bei der Politik nicht ganz oben auf der Agenda, meint Ruh. Abgesehen von einer Sockelfinanzierung vom Land NÖ, die die Personalkosten deckt, wird das Angebot über Spenden finanziert, erklärt Geschäftsführerin Blau. „Das Problem sind oft die Verschreibungen, sagt Ruh. Jedes Medikament müsse extra verschieben werden, vieles ist Chefarztpflichtig. Die Patienten hätten viele Wege und aufgrund der Rezeptgebühren auch Kosten. „Was macht da jemand, der keine Hilfe hat? Das ist im Krankenhaus anders.“

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Geschäftsführerin Irene Blau

Letzter Wunsch

Ruh selbst macht den Job seit zwei Jahren. Zuvor war sie Akutschwester im Spital. „Man muss lernen, sich andere Ziele zu setzen“, sagt sie. Nicht die Heilung stehe im Vordergrund. „Hier ist das Ziel, die letzten tage so schön wie möglich zu verbringen.“ 80 Prozent der vom Verein betreuten Patienten würden auch Zuhause sterben wollen. „Oder einen letzten Wunsch zu erfüllen. Etwa noch einmal den Garten zu sehen oder jemanden zu besuchen. Man sucht sich andere Ziele. Und das ist gut.“

Spenden an den Verein Hospiz Mödling:

Hypo Bank Mödling, BLZ 53000; Verein Hospiz Mödling:IBAN: AT08 5300 0035 5501 4294; BIC: HYPNATWW

Spenden an den Verein Hospiz Mödling sind steuerlich absetzbar: Reg. Nr. SO 1467

 

 

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