Neue Details: Wie die Urgeschichte im MAMUZ lebendig wird

Am MAMUZ-Freigelände in Asparn an der Zaya wurde das Haus eines Lederers nachgestellt, darin sind Tierhäute, Werkzeuge und Möbel zu sehen.
Auf Basis von archäologischen Erkenntnissen wurden die Gebäude neu ausgestattet, um den Alltag der Menschen vor Tausenden von Jahren greifbarer machen.

Im Haus des Lederhandwerkers hängen weiße und braune Tierhäute zum Trocknen über dem Kellerabgang. Seine Werkzeuge liegen auf einer kleinen, einfachen Holzbank, daneben steht ein Korb mit großen Salzbrocken – um Lebensmittel dauerhaft haltbar zu machen. Es wirkt, als hätte der Handwerker sein Haus gerade mal eben verlassen, als wäre er lediglich zu einer kurzen Erledigung in seiner Siedlung aufgebrochen, um danach weiter Schuhe, Schmuck und andere Gebrauchsgegenstände für seinen Lebensunterhalt zu fertigen.

Dass man hier das Gefühl hat, unmittelbar im Alltag der Eisenzeit gelandet zu sein, ist den vielen Kleinigkeiten zu verdanken, mit denen das Haus ausgestattet wurde. „Wir haben uns andere Museen angesehen, um neue Ideen für die Vermittlungsarbeit zu sammeln“, erzählt Franz Pieler, wissenschaftlicher Leiter des MAMUZ Schloss Asparn an der Zaya.

Im Fokus stand dabei das Freigelände des Urzeitgeschichte-Museums, mit dem einst der Grundstein für das MAMUZ gelegt wurde. Seit dem Frühjahr wurde daran gearbeitet, die Gebäude mit neuen Details auszustatten. Dabei ging es nicht darum, einfach nur die Häuser zu dekorieren – alle Gegenstände, die in den Gebäuden zu sehen sind, basieren auf wissenschaftlichen Funden und Erkenntnissen.

Wissen durch Machen

„Wenn man als Archäologe etwas braucht, dann den Mut zur Lücke“, weiß Pieler. Denn über das Leben in der Urgeschichte finden sich keinerlei schriftlichen Aufzeichnungen. Stattdessen arbeiten die Expertinnen und Experten mit kleinsten Hinweisen, um die Lebensumstände der Menschen nachvollziehen oder interpretieren zu können.

Und diese haben sich in immer kürzer werdenden Abständen grundlegend verändert: In der Altsteinzeit, circa 2,5 Millionen Jahre vor Christus, hatte der Mensch noch keinen festen Wohnsitz. Nur kurze Zeit lebte man in Gruppen am selben Ort, maximal für Monate, oft aber auch nur tagelang.

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Die Details machen den Unterschied, auch im Langhaus. 

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Aufgrund kleinster Funde interpretieren Wissenschafterinnen und Wissenschafter den Alltag der Menschen.

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Die Steinzeitmenschen waren Nomaden. Tierhäute dienten als Dach über dem Kopf

Erst in der Jungsteinzeit, circa 5.600 Jahre vor Christus, begannen die Menschen, sesshaft zu werden. Ein Langhaus, wie es aufgrund von Funden einst im Raum Schwechat gestanden sein muss, wurde am MAMUZ-Freigelände rekonstruiert. Ebenso eine Wallanlage, wie sie bei Ausgrabungen in Melk-Spielberg aus der Kupferzeit (4.000 bis 3.000 vor Christus) gefunden wurde. Denn nicht nur die Wohngewohnheiten haben sich im Laufe der Geschichte verändert. Die Menschen zogen auch von der Ebene auf hügeliges Gelände, wo sie sich vor Angreifern schützen mussten.

Möglich macht all dies die Experimentelle Archäologie, die seit mehr als 40 Jahren im Urgeschichtemuseum gefördert wird. Dabei arbeiten die Wissenschafterinnen und Wissenschafter nicht nur aufgrund von Erkenntnissen, sondern auch mit Nachbildungen historischer Werkzeuge, um eine möglichst authentische Interpretation der Geschichte zu schaffen.

„Wir wollten kein Disneyland.  Stattdessen sollen die Besucher und Besucherinnen in die Geschichte eintauchen.“

von Franz Pieler

Wissenschaftlicher Leiter

Anpacken statt ansehen

Einige Gebäude am Freigelände wurden auf diese Weise auch bestimmten Berufsgruppen gewidmet. So kann man neben der Wohn- und Werkstätte des Lederers zum Beispiel auch die Häuser eines eisenzeitlichen Drechslers, eines Steinschlägers vor 7.000 Jahren sowie eines bronzezeitlichen Händlers vor 3.000 Jahren besuchen. Bis hin zum Frühmittelalter (bis circa 1.000 nach Christus) werden Gebäude und Siedlungen dargestellt.

„Was wir definitiv nicht wollten, war ein Disneyland zu erschaffen. Stattdessen sollen die Besucherinnen und Besucher in die Geschichte eintauchen“, erklärt Pieler bei einem Rundgang. Dazu gehört auch, selbst mit anzupacken; beim Getreidemahlen, Brotbacken, Schmuckfertigen oder vielen anderen Aktivitäten.

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