Lautstarker Protestzug von Asylwerbern
Das Schicksal eines 19-jährigen somalischen Flüchtlings führte am Donnerstagabend zu lautstarken Protesten in Traiskirchen. Rund 90 Asylwerber zogen vom Flüchtlingslager zum Bahnhof, nachdem sich der junge Mann vor dem Eingang zum Lager mit einer zerbrochenen Bierflasche selbst an den Armen und am Bauch verletzt hatte und ins Krankenhaus gebracht werden musste. Der Zorn der Demonstranten richtete sich dabei vor allem gegen die Security im Flüchtlingslager. Sie soll dem 19-jährigen den Zutritt untersagt haben. Grundlos, weil ein Betretungsverbot, das man nach einer Rauferei am 20. Oktober gegen den 19-Jährigen verhängt hatte, am Tag zuvor abgelaufen sei.
Die Polizei bestätigt zwar das Ende des Betretungsverbots. Für Sprecher Markus Haindl stellt sich der Anlassfall für die Proteste aber anders dar: "Warum er sich verletzt hat, ist ungeklärt. Jedenfalls hat er gar nicht versucht, ins Lager zu kommen. Dementsprechend wurde ihm der Eintritt auch nicht verwehrt."
Weiter überbelegt
30 Polizisten waren während der Demonstration, die sich nach etwa einer Stunde auflöste, im Einsatz. Im Innenministerium will man den Vorfall nicht überbewerten. "Die Betreuung in Traiskirchen läuft trotz der großen Zahl an Asylwerbern professionell", erklärt dazu Sprecher Karl-Heinz Grundböck, "nach so einem Vorfall ist es wichtig, die Situation zu beruhigen und nicht weiter aufzuheizen."
Das Lager ist mit 1500 Flüchtlingen nach wie vor überbelegt. 480 sollten es nach einer Vereinbarung zwischen Innenressort und Landeshauptmann Erwin Pröll ja nur sein. "Die Länder sind nach wie vor säumig mit der Übernahme von Asylwerbern", meint Grundböck. Der Bund habe in den letzten Wochen sieben neue Unterkünfte bereitgestellt, um die Situation zu entlasten.
Für Traiskirchens Bürgermeister Andreas Babler (SPÖ) zu wenig. Er macht einmal mehr das Innenministerium für die Missstände verantwortlich – und kündigt einmal mehr auch Proteste an: "Uns in Traiskirchen reicht es jedenfalls." Drohungen, die man im Ministerium nicht kommentieren will.
Kritik
Für Kritik sorgte Freitagabend der geschäftsführende niederösterreichische FP-Chef Christian Höbart. Er hatte die Demonstranten in einem Facebook-Eintrag mit – laut NEOS – „menschenverachtenden“ Ausdrücken bedacht. Laut NEOS-Menschenrechtssprecher Niki Scherak hat Höbart mit seinen jüngsten Aussagen "eine Grenze überschritten". Er bezeichnete Höbart in einer Aussendung als "rücktrittsreif". Höbart räumte Freitagabend in einer Stellungnahme ein, mit den "bewusst unter Anführungszeichen gesetzten" Begriffen möglicherweise etwas überzeichnet zu haben. Er hätte das unzivilisierte Benehmen vieler Asylwerber in Traiskirchen herausstreichen wollen.
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