Land steigt bei Finanzen auf die Risikobremse

Das Land Niederösterreich hat die Regeln für Finanzgeschäfte deutlich verschärft.
Fremdwährung ist für Städte und Gemeinden ab sofort tabu. Kredite erhalten klare Obergrenzen.

So streng waren die Regeln für Finanzgeschäfte von Land und Gemeinden noch nie. Während ÖVP und SPÖ ihren gemeinsam erarbeiteten Entwurf für "risikoaverse Veranlagungen" loben, gehen der Opposition die Maßnahmen, die heute im Landtag beschlossen werden, nicht weit genug.

Im 3,2 Milliarden Euro schweren Veranlagungspaket des Landes wird aufgeräumt. "Unsere neue Richtlinie für die Veranlagung besagt, dass sich künftig keine Hedgefonds mehr im Portfolio befinden dürfen", sagt Landesvize Wolfgang Sobotka. Etwas mehr als 50 Millionen Euro sind derzeit noch in solchen Fonds geparkt. Auch wird dem Land untersagt, künftig in Rohstoffe oder exotische Derivativgeschäfte zu investieren. Fremdwährungen oder Immobilien dürfen maximal 20 Prozent des Gesamtpakets ausmachen. Somit soll laut Sobotka "alles Risiko vermieden werden, das es zu vermeiden gilt. Es geht nicht um die Ertragsmaximierung, sondern darum, den Bestand bestmöglich abzusichern".

Generationenfonds

Die Erträge der Landesveranlagung fließen künftig in einen "Generationenfonds". Aus diesem Topf soll künftig der Sozialbereich (Pflege, Mindestsicherung, etc.) finanziert werden.

Für alle Gemeinden und Statutarstädte – wie etwa St. Pölten (siehe Bericht unten) – werden die Regeln für Finanzgeschäfte ebenfalls deutlich verschärft. Auch sie dürfen künftig nur mehr ein Fünftel ihrer Veranlagungen in Fremdwährungen tätigen. Fremdwährungskredite verbietet das neue "Gesetz über risikoaverse Finanzgeschäfte" zur Gänze. Außerdem legt die Novelle den Kommunen ans Herz: "Sollte ein Ausstieg aus Fremdwährungsfinanzierungen zum Einstandskurs möglich sein, ist der Ausstieg durchzuführen".

Will ein Bürgermeister ein Loch im Gemeindesäckel mit Darlehen stopfen, sind ihm ab jetzt Grenzen gesetzt. Ein solcher Bedeckungskredit darf nicht mehr höher sein als ein Drittel jener Ertragsanteile (Zuweisungen aus Steuermitteln), die die Stadt erhält.

"Die neuen Richtlinien sind Ergebnisse der gemeinsamen Strukturkommissionen von VP und SP", betont VP-Klubchef Klaus Schneeberger. Das ruft die Opposition auf den Plan, der die Richtlinien nicht weit genug gehen. Grünen-Klubobfrau Helga Krismer spricht von einer "gekauften SPÖ", die früher spekulativen Finanzgeschäften kritisch gegenüber gestanden sein. "Man versucht, mit Pseudorichtlinien die Bevölkerung in Sicherheit zu wiegen", sagt FPÖ-Klubchef Gottfried Waldhäusl. Beide wollen Spekulationsverbot mit öffentlichem Geld.

Über Briefe seiner Parteifreunde dürfte sich SPÖ-Landeschef und St. Pöltens Bürgermeister Matthias Stadler in aller Regel freuen. Jenes Schreiben von Landesvize Karin Renner, der die Kontrolle von SPÖ-geführten Gemeinden obliegt, dürfte ihn allerdings weniger begeistert haben. Denn der Inhalt des Schriftstückes ist brisant.

Es geht im Kern um ein Währungsgeschäft mit der Barclays-Bank in der Höhe von rund 5,2 Millionen Euro, das im Sommer 2012 abgesegnet wurde. Die Abschlussbestätigung der irischen Banker langte am 26. Juni 2012 ein. Genau an diesem Tag trat aber eine Novelle des Stadtrechtsorganisationsgesetzes (STROG) in Kraft, nach der der Abschluss von Finanzgeschäften eine Zustimmung des Gemeinderates braucht. Auch Stadler unterschrieb kurz darauf, aber ohne Beisetzung eines Datums- und ohne einen Beschluss des Gemeinderates im Rücken.

Klares Urteil

Für die ÖVP wurden deshalb gesetzliche Regelungen nicht eingehalten und sie informierte die Gemeindeaufsicht, die in einigen Punkten ein klares Urteil fällte. So sei "ein Beschluss des Gemeinderats, mit dem der Abschluss der (...) Devisenoption genehmigt wird", nicht vorgelegen. Im Büro von Stadler beruft man sich auf eine im Jahr 2003 von allen Parteien beschlossene Richtlinie, wonach der Bürgermeister Derivativgeschäfte auch ohne weitere Befassung des Gemeinderates hätte abschließen dürfen. Doch auch diesem Beschluss erteilt die Gemeindeaufsicht nun eine Abfuhr: dies könne "zu keiner anderen Würdigung des Sachverhalts führen". Die Folge: Es wird im Gemeinderat einen Nachbeschluss für das 5-Millionen-Euro-Geschäft brauchen – und vermutlich gleich auch noch für 230 weitere Finanzgeschäfte der Stadt.

Immerhin: Seitens der Stadt betont man, dass sich das Barclays-Geschäft positiv auf die Schuldenbewirtschaftung ausgewirkt habe.

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