Küchenbulle trifft "Junge Wilde"

Tim Mälzer, Juror bei Europas coolstem Kochwettbewerb verrät auf KURIER.at was einen Koch ausmacht und was er selbst in Zukunft vor hat.

Die "Jungen Wilden" sind los. Grund dafür: In Wien findet das Finale des Kochwettbewerbs statt. Neun kreativ-experimentierfreudige Jungköche haben es in die Vorrunden Geschafft. Es geht darum etwas noch nie Dagewesenes auf die Teller zu bringen und die Jury mit einem einmaligen Geschmackserlebnis zu überzeugen.

Unter den hochkarätigen Mitgliedern dieser Jury finden sich große Namen wie Toni Mörwald, Werner Matt oder Heinz Hanner. Auch Deutschlands Koch-Stars sind angereist um die Jungen Wilden auf die Probe zustellen. Unter ihnen der wohl prominenteste deutsche TV- und Star-Koch Tim Mälzer.

Der Küchenbulle aus Hamburg sieht den Kochwettbewerb in erster Linie als Karriere-Sprungbrett für junge Koch-Talente. "Köche, die gerade am Sprung in die große Welt sind bekommen hier eine Chance um ihr Können unter Beweis zu stellen und sich auch mit gleichgesinnten Kollegen zu messen." Es werde ihnen ein Forum und die entsprechende öffentliche Aufmerksam zu Teil, die sie auf dem Weg nach oben benötigen. Und tatsächlich stehen die Sieger des "Jungen Wilden" Kochwettbewerbs in der "internationalen Auslage" der Kochbranche. Ein Beispiel: Gerald Angelmahr, "Junger Wilder 2007", löste niemand Geringeren als Reinhard Gerer im haubenprämierten Wiener Restaurant Korso ab.

Der Weg ist nicht das Ziel

Bei den Anforderungen an die Jury zeigt sich Mälzer kritisch. Er ist nicht, wie er den anderen Kollegen unterstellt, nach Wien gekommen um technische Fertigkeiten zu bewerten. Dem Küchenbullen ist es wichtig aus einem Gericht die "persönliche Handschrift" des jeweiligen Kochs herauszuerkennen. "Es muss etwas noch nie dagewesenes sein." Kommt dann etwas "banales" auf den Teller, zu dem er bereits selber mal die Idee hatte oder das er irgendwo schon mal gegessen oder in einem Kochbuch gesehen hat, dann gibt das natürlich Punkteabzug. Innovation geht vor Perfektion könnte also das Motto lauten.

Die Basics sind wieder gefragt

Von besonderem Interesse sind aktuell, auch angesichts der gastronomischen Krisenstimmung, die Kochtrends der nahen Zukunft. Auch von den jungen Wilden heißt es, sie würden gewisse Trends setzen. Mälzer sieht die zukünftige Entwicklung differenziert. Der allgemeinen Diagnose Molekularküche sei "out" kann er nichts abgewinnen. Für Mälzer verschiebt sich lediglich der (mediale) Fokus. Gewisse Elemente der molekularen Küche wie etwa die auch im Wettbewerb gefragte Espuma-Technik (Anfertigen von aromatischen Schäumen mittels Gaskartuschen) werden weiterhin erhalten bleiben. Was in Zukunft wieder vermehrt gefragt sein wird ist ein gewisses "back to the roots" auf äußerst hohem Niveau. Die Basics sind wieder gefragt. Was laut Mälzer, Gott sei Dank wirklich vorbei ist sind oft wahllos arrangierte, euro-asiatische Fusions-Versuche.

Worauf es ankommt

Für junge Köche scheint es immer schwieriger zu werden es in die etablierte Spitzengastronomie zu schaffen. Ein Trend dem der Wettbewerb "Junge Wilde" entgegenzuwirken versucht. Tim Mälzer, der Rockstar unter den deutschen Köchen empfiehlt jedem, der am Anfang seiner Koch-Karriere steht vor allem eines: Selbstkritik. Es sei egal, was andere zu sagen haben, solange man nicht fähig ist sein Tun und Handeln selbst immer wieder zu hinterfragen, so der Küchenbulle. Denn schließlich stecke in der Fähigkeit zur Selbstkritik das einzig wahre Entwicklungspotential. Auf die Frage, inwiefern es dann überhaupt sinnvoll sei eine Jury bei einem Kochwettbewerb dieser Art zu haben antwortet Mälzer schlicht: "Gar nicht". Aus diesem Grund fokussiere er sich auch darauf den Geist eines Gerichtes herauszuschmecken und weniger auf technische Perfektion zu achten. Und bei manchen Gerichten scheint er diesen "Geist" auch gespürt zu haben. Bei der Vorspeise zeigte sich Mälzer gegenüber dem deutschen Teilnehmer und späterem Vorfinals-Gewinner Hannes Arendtholz noch verhalten "Zu viel des Guten" attestiert der Profi. Diese Meinung revidierte er bald und spätestens beim Hauptgang, der übrigens mit einem Knalleffekt im wahrsten Sinn des Wortes aufwartete - der Profi-Induktionsherd implodierte aufgrund eines liegen gelassenen Küchenutensils lautstark.

Zurück am Bildschirm und am Herd

Ob die "jungen Wilden" auf eine Teilnahme von Tim Mälzer hoffen dürften? Wohl eher nicht, bezeichnet er sich selbst doch eher als alles andere als einen Feinmotoriker. "Ich bin eher: Die Fresse voll Essen!", so die Koch- und Küchenphilosophie Mälzers. Genau das "praktiziert" der Spitzenkoch auch in seiner neuen Kochshow. Seit einiger Zeit war es ruhig um das aus "Schmeckt nicht, gibt's nicht" oder "Born to Cook" bekannte Fernsehgesicht geworden - Kreativpause wie es hieß. Nun ist Mälzer aber zurück am Herd, und das gleich im doppelten Sinne. In "Tim Mälzer kocht" (samstags, 15:30, ARD) zeigt er dem TV-Publikum und seinen auch in Österreich vielen Fans das, wofür er bekannt ist: das Kochen, was sonst "Ein Mann und ein Herd" - "Ich brauche keine Show, sondern eine Sendung, die sich um die Zubereitung von Gerichten kümmert. Das Essen ist der Star." Und auch Material- und Warenkunde sowie Technikschule kommen nicht zu kurz. In seiner ersten Folge kochte er das, was jedes kulinarisch-patriotische Österreicherherz höher schlagen lässt: Wiener Schnitzel mit Gurkensalat. Man müsse den Leuten wieder die einfachen Rezepte zeigen, diese scheinen sie ganz vergessen zu haben. Das Publikum freue sich, wenn es diese im Fernsehen sieht und wolle sie dann gleich nachkochen. Im Juni eröffnet Tim Mälzer zudem sein neues Restaurant. In der "Bullerei" im Hamburger Schanzenviertel will der Starkoch dann mindestens drei bis viermal die Woche selbst am Herd stehen und seine "für jeden verständliche" Küche kredenzen - Küche für jedermann zu jedem Anlass und zu jeder Tageszeit stehen dann am Programm.

Das Vorfinale gewann übrigens Mälzers Favorit: der Deutsche Hannes Arendtholz von Sander Gourmet in Wiebelsheim. Er kocht gemeinsam mit zwei weiteren Kandidaten am Dienstag, dem 21. April um den Titel "Junger Wilder 2009". Mehr Informationen zum Wettbewerb, den Kandidaten und Juroren finden Sie unter nachstehendem Link.

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