Kritik am "antiquierten Wahlrecht"

APA11064170 - 20012013 - WIEN - ÖSTERREICH: BUNDESHEER-VOLKSBEFRAGUNG - Eine Frau bei der Stimmabgabe am Sonntag, 20. Jänner 2013, in Wien. In einer bundesweiten Volksbefragung, können die Wahlberechtigten über die Beibehaltung der allgemeinen Wehrpflicht oder die Einführung eines Berufsheeres abstimmen. APA-FOTO: HELMUT FOHRINGER
Nach der EU-Wahl regt sich in NÖ Unmut wegen der Vorzugsstimmen-Regelung.

Mittwochvormittag hat die Landeswahlkommission das offizielle Ergebnis der EU-Wahl für Niederösterreich vorgelegt. Fast zeitgleich kam im Land auch heftige Kritik an der geltenden Wahlordnung. Auslöser dafür waren gute Vorzugsstimmen-Ergebnisse junger Kandidaten.

"Patrik Fazekas und Lukas Mandl haben gemeinsam fast 11.000 Vorzugsstimmen erreicht. Damit haben sie sich auf Platz vier und fünf der ÖVP-Kandidaten katapultiert. Durch das antiquierte Wahlsystem müssen sie aber trotzdem daheim bleiben, obwohl die ÖVP fünf Mandate erreicht hat", schäumt der Landeschef der Jungen ÖVP, Lukas Michlmayr. "Mit dem niederösterreichischen Vorzugsstimmen-System wären zwei junge Vertreter Österreichs in Straßburg.“ Woran sich Michlmayr stößt: Für ein Grundmandat, das eine Umreihung der Kandidaten zur Folge hätte, sind laut geltender EU-Wahlordnung fünf Prozent der Parteistimmen notwendig. Im Fall der ÖVP wären dafür mehr als 38.000 Stimmen erforderlich gewesen. Das haben überhaupt nur die beiden Erstgereihten der Volkspartei, Othmar Karas (82.514 Vorzugsstimmen) und Elisabeth Köstinger (58.688) geschafft. Der Burgenländer Fazekas (5980) und der Niederösterreicher Mandl (4758) liegen im Vorzugsstimmen-Ranking der ÖVP zwar auf den Plätzen vier und fünf, ein Grundmandat haben sie damit aber trotzdem nicht geschafft. Was JVP-Chef Michlmayr zur Bilanz veranlasst: "Alte Wahlsysteme und undurchsichtige Mandatsvergaben sind von vorgestern."

Die Fünf-Prozent-Hürde dürfte auch bei den Kandidaten selbst kurzfristig für Verwirrung gesorgt haben. Lukas Mandl verschickte am Dienstag eine Aussendung, in der es hieß: "Mein Ziel war, einen Mandatsrang zu erreichen. Das habe ich geschafft. Mein Startplatz war 7. Ich wurde auf Platz 5 gewählt. Das ist ein Turbo für meine europapolitische Arbeit, für die das Europaparlament ein guter Ort ist."

Grundmandate sind sich auch bei den anderen Parteien nicht ausgegangen. Besonders bitter ist das für die Grüne Madeleine Petrovic. Ihre Landespartei hat mehr als 100.000 Euro in einen Vorzugsstimmen-Wahlkampf investiert, um Petrovic vom Listenplatz fünf auf einen sicheren Mandatsplatz zu katapultieren. Ergebnis: 11.150 Nominierungen bedeuten für Petrovic zwar Platz zwei im bundesweiten Ranking der Grünen, mehr als 20.500 Vorzugsstimmen hätte sie aber gebraucht, um vorzurücken.

Bei manchen herrschte entgegen aller Kritik Freunde ob des guten Ergebnisses "ihrer" Kandidaten: "21.000 Vorzugsstimmen für Bauernbund-Kandidatin Elisabeth Köstinger (nur in NÖ, Anm.) beweisen einmal mehr, dass Einsatz für die Menschen, Kompetenz und Präsenz vor Ort und volles Engagement die gesamte Wahlperiode hindurch zum Erfolg führen", sagt Bauernbund-Direktorin Klaudia Tanner.

Wahlbeteiligung

Niederösterreich weist, wie berichtet, mit mehr als 54 Prozent die höchste Wahlbeteiligung aller Bundesländer auf. Den Leiter der Landeswahlkommission, Landtagspräsident Hans Penz, lassen die Werte der anderen Länder nachdenklich werden: "Ich bedaure es, dass in einigen Bundesländern eine Wahlbeteiligung von unter 40 Prozent vorhanden ist. Am Maidan Platz haben 90 Menschen ihr Leben gelassen, um nach Europa zu kommen. Und bei uns haben alle die Möglichkeit, in Europa mitzubestimmen und es wird nicht einmal vom Wahlrecht Gebrauch gemacht." Penz nimmt aber auch die Parteien in die Pflicht: "Die Programme waren eher schwer zu transportieren." Zusätzlich müsse die Arbeit in Brüssel für den einzelnen Wählen noch transparenter und deutlicher kommuniziert werden.

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