Krems-Gneixendorf: Besuch bei einem Nachwuchs-Engel
Selbst wenn die Zeit eilt, weil es um Leben oder Tod geht, machen die „gelben Engel“ eines nicht: hudeln. „Wir gehen zum Hubschrauber, wir laufen nicht“, sagt ÖAMTC-Rettungsflieger Robert Holzinger, während er zur Probe den Alarm schrillen lässt. Der erfahrene Pilot und Ausbilder weiß, dass auch auf den paar Metern vom Gemeinschaftsraum zum Fluggerät Unfälle passieren können. Und nichts wäre fataler als ein verletzter Pilot, der die Crew wegen eines Stolperers nicht zum Einsatzort bringen kann.
Ein Hinweis, den Christian Mitter schon in den ersten Tagen seiner neuen Laufbahn mit auf den Weg bekommen hat. Mitter war früher Soldat des österreichischen Bundesheers, flog mit einer Agusta Bell 212 – egal, ob Tag oder Nacht, im Hochgebirge oder unter extremen Bedingungen. Nun hat der Oberösterreicher einen Farbenwechsel vollzogen – von grün auf gelb, von Linz-Hörsching zum „Christophorus 2“- Stützpunkt nach Gneixendorf bei Krems in Niederösterreich. Seit 1. Juli ist der 38-Jährige ein „Frischling“ im Team des ÖAMTC.
„Beim Bundesheer war die Ausbildung top, aber es stand natürlich das Training im Vordergrund, weil es nicht so viele Einsätze gibt. Als ÖAMTC-Rettungsflieger ist das Arbeitsspektrum deshalb ein ganz anderes. Es ist fordernd, hochinteressant und es macht Spaß“, erzählt er.
Weil das beste Training noch immer der echte Einsatz ist, hat Mitter schon viel Zeit in der Luft verbracht. Binnen einer einzigen Woche mussten die Retter 30 Mal ihre Maschine starten. Die intensive Startphase in den neuen Job hängt auch mit der Hitzewelle zusammen, weshalb der „Gelbe Engel“ dieser Tage besonders oft gebraucht wird. „Wir verzeichnen derzeit vermehrt Personen, die Probleme mit dem Kreislauf haben oder Herzinfarkte erleiden. Dazu gehören auch junge Menschen“, sagt Holzinger.
Einsatztaktik
So wie Mitter wollen viele zur Flugrettung, die pro Jahr rund 18.000 Mal angefordert wird. „Es gibt mehr Bewerber als Plätze, die wir anbieten können“, berichtet Holzinger. Auch er wechselte vom Bundesheer zum ÖAMTC. „Zu uns kommen Profis, die schon fliegen können. Es geht vor allem darum, sie im Bereich der Einsatztaktik zu schulen. Wichtig ist auch, dass die Chemie in der Mannschaft stimmt.“ Um Pilot bei den Rettern zu werden, muss man mindestens 2000 Flugstunden und eine Nachtsichtflugberechtigung mitbringen.
Der Nachwuchs ist für die Organisation jedenfalls ein wichtiger Bereich. Vor allem deshalb, weil die schnelle Hilfe aus der Luft immer öfter angefordert wird. Allein im Vorjahr flogen die Notarzthubschrauber in Summe 18.251 Einsätze – ein Anstieg von 2,5 Prozent gegenüber 2016.
Mitter wartet unterdessen im Gemeinschaftsraum darauf, dass der Alarm wieder schrillt. „Man weiß nie, was einen erwartet. Das macht den Job auch so spannend.“
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