„Ein Frauenzimmer spielt das Violoncell“: Eine musikalische Reise

Cellistin Antonia Straka
Cellistin Antonia Straka begibt sich bei Konzert in Baden auf die Spuren von Lise Cristiani, der ersten Frau, die mit dem „unschicklichen“ Instrument auftrat.

Zusammenfassung

  • Cellistin Antonia Straka widmet ein Konzert in Baden der Pionierin Lise Cristiani, der ersten Frau, die öffentlich Cello spielte.
  • Straka betont den Mut und das Vorbild Cristiani und berichtet von ihren eigenen Erfahrungen als junge Musikerin in einer sich wandelnden Branche.
  • Neben dem Konzert in Baden stehen für Straka zahlreiche internationale Auftritte und ein besonderes Schostakowitsch-Projekt im Wiener Konzerthaus an.

Klavier oder vielleicht auch Harfe, das war ja noch einigermaßen „schicklich“, aber Cello? Für Frauen ein absolutes No-Go, würde man heute sagen. Der Pädagoge, Pfarrer und Komponist Carl Ludwig Junker etwa formulierte 1783 empört „Ein Frauenzimmer spielt das Violoncell“ und mokierte sich über daraus resultierenden Übelstände.

Lise Cristiani, 1827 in Paris geboren, brach das Tabu. Sie war die erste Frau der Musikgeschichte, die es wagte, als Cellistin öffentlich aufzutreten. Im Rahmen der „Serenadenkonzerte des Landes NÖ“ begeben sich nun die junge Cellistin Antonia Straka und Schauspielerin Gabriele Jacoby am 12. Oktober in Baden auf eine musikalische Reise auf den Spuren von Lise Cristiani.

„Ein großes Vorbild“

Die 23-jährige Antonia Straka findet es „faszinierend und bewundernswert, welchen Mut und welches Selbstbewusstsein Lise Cristiani gehabt haben muss, um in einem damals völlig männerdominierten Beruf öffentlich aufzutreten und große Konzertreisen auf der ganzen Welt zu unternehmen.“

Aus ihrer eigenen Erfahrung weiß Straka, dass man „im Musikerberuf sein Innerstes auf einer Bühne und in der Öffentlichkeit preisgibt, man will gefallen, aber gleichzeitig auch seinen Werten und Überzeugungen, seinem musikalischen Verständnis und seiner Interpretation treu bleiben. Es kann manchmal herausfordernd sein, seinen eigenen Weg zu gehen und sich nicht durch äußere Einflüsse und Meinungen verunsichern zu lassen. In diesem Sinne ist sie ein großes Vorbild für mich: auf sich selbst zu vertrauen und sich nicht von seinem Weg abbringen zu lassen, obwohl es wahrlich nicht immer einfach ist.“

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Antonia Straka spielt und liebt Cello seit ihrer Kindheit.

Dass Lise Cristiani allen Widerständen zum Trotz mit ihrem Cello auf der Bühne stand, ist rund 180 Jahre her. Aber wie schaut es heute in der Musikbranche mit Gleichberechtigung aus? Straka habe sich noch nie benachteiligt gefühlt, sagt sie, aber „als junge Frau, oder generell als junger Mensch ist es mitunter eine Herausforderung, ernst genommen zu werden, und man muss sich noch mehr durch sein Können beweisen, vielleicht manchmal gedanklich die Fäuste ballen und auch ein wenig deutlicher werden. Es ist immer eine Überwindung, zu seinen Standpunkten zu stehen und Grenzen zu setzen.“ Das sei unabhängig vom Geschlecht auch eine Frage der Persönlichkeit.

Sie habe aber den Eindruck, „dass in meiner Generation und je mehr Frauen in Orchestern, als Dirigentinnen und Solistinnen, aber auch als Jurorinnen, Intendantinnen oder im Management tätig sind, ein normaler und respektvoller Umgang selbstverständlich wird“.

Familiensache

Antonia Straka wurde die Musikalität in die Wiege gelegt. „Mein Vater ist Cellist, meine Mutter Hobbymusikerin, und es hat für mich immer dazugehört, Musik zu machen. Wir haben viel gesungen, sind in Konzerte gegangen und ich habe oft noch abends beim Einschlafen meinen Vater üben gehört“, erzählt sie. Auch viele Freunde der Familie sind Musiker, da war es für die Kinder ganz selbstverständlich, bei Hausmusik-Abenden, bei Proben, Konzerten oder Tourneen dabei zu sein. „Ich habe mich schon damals in dem künstlerischen Umfeld sehr wohlgefühlt“, sagt sie. Und schon mit acht Jahren fasste sie den Entschluss, Cello zu lernen.

Was sie nie bereut hat. „Am Cello fasziniert mich, dass es so vielfältige Rollen haben kann: Man kann vom Bass aus auch als Begleitinstrument ein Ensemble führen, aber im gleichen Stück auch die schönsten gesanglichen Melodien spielen. Diese Vielfalt gibt es so auf keinem anderen Instrument“, lautet ihre Liebeserklärung an das Cello.

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Das Serenadenkonzert findet am 12. Oktober im Haus der Kunst statt.

Beruf und Berufung

Mit 14 Jahren kam Antonia Straka ins Wiener Musikgymnasium. „Mir hat es damals schon sehr viel Spaß gemacht, im Orchester und Ensemble zu spielen, und es war normal, nach der Schule zuerst zu üben, bevor man sich mit FreundInnen getroffen hat.“

Maria Grün, Lehrende an der Universität für Musik und darstellende Kunst in Wien, war dann eine „unglaubliche Motivatorin“ und gab „leidenschaftlich die Liebe zur Musik weiter“. Über den weiteren Weg gab es damit keinen Zweifel mehr. „So hat sich das dann ganz natürlich entwickelt und es kamen mehr und mehr Projekte, Engagements und Erfolge. Die Frage, ob ich hauptberuflich Cellistin werden will, hab ich mir eigentlich gar nie gestellt, ich habe das Cello so geliebt, dass das ganz klar für mich war.“

Beethoven-Serenade

Neben Straka treten beim Serenadenkonzert (www.serenadenkonzerte.at) am 12. Oktober im Badener Haus der Kunst Mezzosopranistin Klaudia Tandl, Violinistin Saskia Roczek und Gisela Jöbstl am Klavier auf. Aus dem Tagebuch von Lise Cristiani liest Schauspiellegende Gabriele Jacoby. „Ich freue mich sehr über die Begegnung mit dieser beeindruckenden Frau und Bühnenpersönlichkeit“, so Straka.

Für die aufstrebende Künstlerin, die derzeit ihre Ausbildung an der Zürcher Hochschule der Künste fortsetzt, stehen noch viele weitere Termine am Kalender. Fix geplant sind zum Beispiel das International Musicians Seminar Prussia Cove in England, das Musikfestival in Krzyzowa, Polen und das Yellow Barn Festival in den USA.

„Ein besonderes Konzert, auf das ich mich sehr freue, wird mein Rezital zusammen mit dem Pianisten Anton Gerzenberg am 3. Dezember 2025 im Mozartsaal des Wiener Konzerthauses anlässlich des 50. Todesjahres von Schostakowitsch sein“, sagt Straka. „Dazu liest Markus Hering Texte aus Julian Barnes ,Der Lärm der Zeit‘, die aufzeigen, wie sehr Schostakowitsch unter dem Regime Stalins gelitten hat. Das Projekt liegt mir gerade in der heutigen Zeit sehr am Herzen.“

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