Jobmarkt: „Jeder Mensch ist es wert, dass man um ihn kämpft“

Hergovich: „Wichtig, dass wir uns für alle in gleicher Weise einsetzen“
Sven Hergovich, Österreichs jüngster AMS-Chef, ist in der Job-Vermittlung konsequent, aber fair. Eine erste Bilanz.

Die Wegmarke seiner ersten 100 Tage im Amt hat Sven Hergovich bereits hinter sich. Der KURIER hat Österreichs jüngsten AMS-Landeschef zu einer ersten Bilanz getroffen. Dabei wird deutlich, dass die nö. Job-Vermittler vom konjunkturellen Rückenwind profitieren – und vom Hausverstand ihres 30-jährigen Geschäftsführers.

Der Zahlenvergleich zeigt, dass das AMS NÖ in fast allen Bereichen Rekordwerte schreibt. Mehr als 73.000 Jobsuchende haben nach AMS-Qualifizierung wieder einen Job gefunden, fast 53.000 freie Stellen und Lehrstellen wurden heuer besetzt. Die Zahlen der älteren Jobsuchenden, der Langzeitarbeitslosen sowie der arbeitslosen Jugendlichen sinken. „Wir profitieren klar von der guten Wirtschaftslage“, sagt Sven Hergovich.

Erhebungsdienst

Allerdings hat sein konsequentes Durchgreifen bei Job-Verweigerern ebenfalls Wirkung gezeigt. Dass er einen sogenannten „Erhebungsdienst“ eingerichtet hat, kam nicht bei jedem gut an. Mit November wurde die Truppe auf fünf Mitarbeiter aufgestockt, die chronischen Arbeitsverweigerern mit ihren Recherchen zu Scheinwohnsitzen oder Schwarzarbeit auf die Pelle rücken.

Bis Ende September wurde in fast 5000 Fällen das Arbeitslosengeld gesperrt, weil jemand Job oder Schulung vereitelt oder verweigert hat. Das sind fast 60 Prozent mehr als im Vergleichszeitraum 2017.

Doch Hergovich setzt längst nicht nur auf hartes Durchgreifen bei „Motivationsdefiziten“, wie er es nennt. Der 30-Jährige attestiert einem Großteil der AMS-Kunden hohe Bereitschaft, rasch einen neuen Job zu finden. „Deshalb ist es wichtig, dass wir uns für alle in gleicher Weise einsetzen. Wir lassen niemanden im Stich. Jeder Mensch ist es wert, dass man um ihn kämpft.“

Garantie

Auch deshalb hat Hergovich in einem Pakt mit dem Land NÖ ein großes Versprechen abgegeben. Im Rahmen der sogenannten „Ausbildungsgarantie“ wurde fixiert, dass kein junger Niederösterreicher länger als drei Monate suchen muss, bis er den passenden Job oder die richtige Ausbildungsstelle gefunden hat. 8000 werden das in den nächsten Monaten sein. Um ihnen rasch Perspektiven zu liefern, läuft eine gewaltige Maschinerie: Konkrete Jobs, Plätze in Jugendbildungszentren oder überbetrieblichen Lehrwerkstätten sowie Hilfe beim Nachholen der Lehrabschlussprüfung bilden ein Maßnahmenpaket. Hergovich lobt die Kooperation mit Land und Sozialpartnern: „Man spürt, dass alle an einem Strang ziehen und das gleiche Ziel haben.“

Die vom Bund in Aussicht gestellte Budgetkürzung für das AMS macht Hergovich das Leben nicht leichter. Er muss mit einer etwa 20-prozentigen Reduktion seines Jahresbudgets rechnen. Verunsichert ihn das? „Nun, mein Job ist es, das Geld, das wir bekommen, so effizient und sinnvoll wie möglich im Sinne der Arbeitslosen einzusetzen. Und das kann ich versprechen.“

Angesprochen auf die Entwicklung am Jobmarkt, geht Hergovich davon aus, dass „der Zenit des Wirtschaftswachstums aller Voraussicht nach bereits erreicht“ ist. Trotzdem werde die Arbeitslosigkeit heuer „mit hoher Wahrscheinlichkeit um mehr als neun Prozent sinken“. Eine Rückgang wie zuletzt im Jahr 2000.

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