„Ich kenne kein anderes Leben als das“
KURIER: Frau Fischer, Sie können sich seit dem Osterwochenende selbst als die stärkste Frau Österreichs bezeichnen. Wie ging es Ihnen bei der Europameisterschaft im Gewichtheben?
Sarah Fischer: Es war unbeschreiblich. Ich bin zur EM gefahren und habe mir eigentlich keine großen Hoffnungen auf eine Medaille gemacht. Ein vierter oder fünfter Platz wäre schon super gewesen. Und dann habe ich mir gleich im ersten Versuch die Bronze-Medaille gesichert. Das war schon ein ganz besonderer Moment, denn dann war plötzlich der ganze Druck weg. Mir ist die Last von den Schultern gefallen und danach hab ich total befreit in die weiteren Wettkämpfe gehen können.
Sie sind die erste Österreicherin, die bei einer Europameisterschaft eine Medaille gewonnen hat. Dass es dann sogar drei wurden, unterstreicht Ihr Können. Wie ging es Ihnen in den Wettkämpfen nach der ersten Medaille?
Es war eine echt große Überraschung. Immerhin war noch keine Österreicherin bei einer EM so stark wie ich dieses Mal. Neben den Medaillen habe ich ja auch mit 101 Kilo im Reißen einen neuen Landesrekord aufgestellt. Um ehrlich zu sein, war das alles dennoch etwas wie ein Traum und ganz glauben kann ich es noch nicht.
Ihr Vorteil war, dass bei den Wettkämpfen einige Top-Athletinnen wegen Dopingvergehen gesperrt waren. Denken Sie, dass es auch mit einem stärkeren Teilnehmerfeld für eine Medaille gereicht hätte?
Wie bereits erwähnt, habe ich nicht einmal bei diesem Teilnehmerfeld mit einer Medaille gerechnet. Ich denke, dass es noch viel schwieriger gewesen wäre, wenn die Top-Nationen am Start gewesen wären. Ich weiß nicht, ob ich da eine Medaille geholt hätte.
Sie sind ja bereits Welt- und Europameisterin bei den Junioren. Unterscheidet sich der Wettkampf im Erwachsenenbereich von dem beim Nachwuchs?
Am Wettkampftag gibt es eigentlich keinen Unterschied. Es ist ein Wettkampf wie jeder andere auch. Aber es ist schon eine andere Stimmung als im Juniorenbereich. Beim Nachwuchs hat jeder eine Chance auf eine Medaille. Bei den Erwachsenen ist das eben nicht so. Darum ist die Spannung wesentlich größer und natürlich auch der Druck.
Ihr Bruder David ist ebenfalls Gewichtheber. Was sagt er dazu, dass seine Schwester jetzt ebenso erfolgreich ist wie er?
Er war beim Wettkampf dabei, musste aber wegen einer Verletzung vorzeitig aufgeben. Aber er hat mich betreut und ist natürlich auch extrem glücklich.
Ihr Bruder ist, neben ihrem Vater, auch Ihr Trainer?
Ja genau. Mein Bruder kümmert sich vor allem um die Taktik. Da geht es vor allem darum, wann und um wie viel ich das Gewicht erhöhe.
Wie kam es überhaupt dazu, dass Sie Gewichtheberin geworden sind?
Prägend waren sicher mein Vater Ewald und mein Bruder. Sie sind beide ebenfalls Gewichtheber und deswegen bin ich eigentlich seit ich ein Kind war immer in der Halle bei Wettkämpfen dabei gewesen. Eines Tages hatte mein Bruder einen Wettkampf und mir war so langweilig, dass ich es auch ausprobieren wollte. Ja und jetzt bin ich dabei geblieben und merke, dass es gut so war.
Ich wollte eine Einzelkämpferin sein
Sie haben zuvor ja auch bereits Handball gespielt. Warum haben Sie damit aufgehört und sich für Gewicht heben entschieden?
Beim Handball bin ich von meinen Mitspielern abhängig. Da zählt die Team- und nicht die Einzelleistung. Man muss den Erfolg teilen und ist nicht allein dafür verantwortlich. Das hat mir nicht gefallen, weil ich einfach eine Einzelkämpferin sein wollte.
Für diesen Einzelkampf trainieren Sie auch sehr viel?
Ja, das stimmt. Bis zu 13 Trainings pro Woche bekomme ich da schon hin. Vor einem großen Wettkampf, wie der EM, trainiere ich drei Mal am Tag.
Bleibt da nicht viel Freizeit auf der Strecke?
Ja, ich muss mir das schon richtig einteilen. Ich gehe aber genauso mit meinen Freunden ins Kino oder bin unterwegs. Ich habe mir das so ausgesucht. Darum kenne ich kein anderes Leben als das.
Welche Ziele haben Sie noch für dieses Jahr?
Ich werde an der U20-WM in Usbekistan und an der U20-EM in Spanien teilnehmen. Das große Ziel ist aber sicher eine Olympiateilnahme 2020.
Starkes Trio aus dem Waldviertel
Rohrendorf. Die Familie Fischer lebt für den Gewichthebersport
Drei Mal Training am Tag. Dazu noch Schule, Arbeit und guter Schlaf. Das ist der Tagesablauf der Familie Fischer. Vater Ewald sowie die Kinder David und Sarah dominieren den Gewichthebersport seit vielen Jahren.
Die 17-Jährige Sarah hat im Nachwuchs so gut wie alles gewonnen, was es zu gewinnen gibt. Und nun ist sie auch bei den Erwachsenen erfolgreich. Auch Bruder David, der mit 19 Jahren bereits mehr stemmt als sein Vater, ist bereits mehrfacher Staatsmeister in den Disziplinen Reißen, Stoßen und im Zweikampf.
Dass die Kinder in die Fußstapfen des Vaters treten werden, war für Familienoberhaupt Ewald nicht von Anfang an klar: „Mir war wichtig, dass sie Sport machen. Welcher, war mir egal. David hat bei Rohrendorf (Bezirk Krems) Fußball gespielt, Sarah hat mit Handball begonnen. Aber irgendwie wollten beide Einzelsportler werden und darum bin ich natürlich glücklich, dass sie jetzt ebenfalls Gewichtheber sind.“
Der jüngste Erfolg seiner Tochter Sarah ist für den Vater noch nicht ganz greifbar: „Dass meine Tochter Vize-Europameisterin ist, habe ich selbst noch nicht ganz gecheckt. Aber ich bin irrsinnig stolz.“ Nun arbeitet die Familie auf das nächste große Ziel hin: die Qualifikation für Olympia 2020.
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