Home Invasion in NÖ: "Plötzlich hat es geknallt"
Die Straßen in dem 1.200-Seelenort Würnitz in der Gemeinde Harmannsdorf sind am Dienstagvormittag wie leer gefegt. Nur die sechs Polizisten, die vor dem Eingangstor eines Hauses am Ortsanfang stehen, sowie zahlreiche Journalisten erinnern daran, was hier wenige Stunden zuvor passiert ist.
Es war gegen 1 Uhr, als die 50-jährige Hausbesitzerin aus dem Schlaf hochschreckte. Sie hatte verdächtige Geräusche gehört und hielt Nachschau. Sekunden später wurde sie von drei vermummten Gestalten mit einer Eisenstange attackiert.
Ihr Mann hörte die Hilfeschreie, griff zu seiner – legal besessenen – Pistole und schoss auf einen der Männer. Der Vermummte konnte zwar noch aus dem Haus laufen, brach im Garten aber zusammen. Seinen Komplizen gelang die Flucht – ohne Beute. Eine eingeleitete, groß angelegte Fahndung, bei der auch ein Polizeihubschrauber zum Einsatz kam, verlief erfolglos.
"Immer mehr Überfälle"
Durch das laute Bellen seiner Hunde wurde auch der direkte Nachbar des Ehepaars, Patrick Lehner, auf den Polizeieinsatz aufmerksam. „Es hat einen Knall gegeben. Meine Mutter wohnt gegenüber und hat mich dann angerufen und mir gesagt, dass alle drin bleiben sollen“, schildert der junge Mann.
Es sei erschreckend, dass Überfälle wie diese in der Umgebung immer öfter passieren würden. „Viele Leute haben Wochenendhäuser, die wochenlang leer stehen. Das schnappen Banden auf und suchen gezielt solche Häuser aus. Das ist in der Vergangenheit öfter passiert“, sagt Lehner.
Eine, in deren Haus bereits eingebrochen wurde, ist die Tochter von Zita Lackermayer. Die 84-Jährige wohnt auf der gegenüberliegenden Straßenseite, ihre Tochter direkt hinter ihr. „Bei meiner Tochter haben sie vor Jahren einen Tresor gestohlen“, schildert Lackermayer.
Seit 65 Jahren wohnt die Seniorin bereits in ihrem Haus in Würnitz. Ihre Nachbarn, die Opfer der Home Invasion wurden, kenne sie gut. „Das sind ganz liebe Leute. Schad’, dass so etwas passiert“, sagt Lackermayer. Sie habe bereits im Vorfeld ein mulmiges Gefühl gehabt. „Es ist in den Tagen davor immer ein weißes Auto vorbeigefahren, das ist mir komisch vorgekommen.“ Auch ein anderer Bewohner erinnert sich an eine merkwürdige Situation vergangenen Freitag.
Noch nicht befragt
„Ein Auto mit einem ukrainischen Kennzeichen ist durch den Ort gefahren. Die haben die Hausbewohner gefragt, ob sie alte Gegenstände, Räder zum Beispiel, verkaufen wollen. Vielleicht wollten diese Leute die Bewohner ausspionieren“, erzählt Josef Monks.
Von den Schüssen haben die wenigsten Bewohner etwas gehört. Der angeschossene Verdächtige wurde in ein Krankenhaus gebracht und operiert. Es besteht keine Lebensgefahr. Ermittler berichteten, dass der verletzte Mann Mittwoch Nachmittag noch nicht einvernommen werden konnte.
Die Hausbesitzer standen am Dienstag unter Schock. „Die 50-jährige Frau wurde durch Schläge im Gesicht verletzt. Sie hat Schwellungen und Hämatome und wurde auch ambulant in einer Klinik behandelt. Mittlerweile ist sie aber wieder zu Hause, der Mann ist unverletzt geblieben“, sagte Polizeisprecher Johann Baumschlager.
Landeskriminalamt ermittelt
Aktuell werden „Umfeldermittlungen“ durchgeführt, Nachbarn befragt und Spuren ausgewertet. Auch bei Patrick Lehner. Für ihn steht nun fest: „Ich werde mein Sicherheitsequipment zu Hause aufrüsten und Kameras installieren.“
Laut Johann Baumschlager, Sprecher der LPD NÖ, muss abgeklärt werden, ob es sich beim Schuss des Hausbesitzers um Notwehr gehandelt hat. Der Vorfall wird der Staatsanwaltschaft gemeldet
Wann beginnt Notwehr?
„Die Notwehrsituation beginnt, wenn ein Angriff auf Leben oder Gesundheit, Freiheit oder Vermögen unmittelbar droht“, sagt Strafverteidiger Philipp Wolm. Der bloß in der Zukunft drohende – aber noch nicht unmittelbar bevorstehende – Angriff berechtigt nicht zur Notwehr. Dies gilt auch dann, wenn ein nachfolgender Angriff mit Sicherheit zu erwarten ist. In welchen Situationen dabei der Gebrauch von Waffen erlaubt ist, lesen Sie hier.
Die Rechtssprechung des OGH zum Notwehrrecht besagt: Der Angegriffene ist nicht verhalten, immer dann, wenn ihm andere Möglichkeiten als der Eingriff in die körperliche Sicherheit des Angreifers offenstehen und zumutbar sind, grundsätzlich zunächst diese auszuschöpfen und deshalb auch tunlichst eine Konfrontation mit dem Angreifer zu vermeiden. Vielmehr hat der Angegriffene in einer Notwehrsituation das Recht, den Angriff verlässlich, das heißt sofort und endgültig, abzuwehren und ist, von extremen Ausnahmesituationen abgesehen, wie etwa bei Angriffen von Strafunmündigen oder in Fällen schuldhafter Provokation, nicht verpflichtet, dem Angriff auszuweichen.
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