Nach der tödlichen Flut: Niederösterreich rüstet mit Milliardenpaket auf

NIEDERÖSTERREICH: UNWETTER - AUFRÄUMARBEITEN NACH ERNEUTEM STARKREGEN BEI HOLLABRUNN
Mehr als neun Monate nach dem Rekordhochwasser hat das Land Niederösterreich nun einen Maßnahmenkatalog präsentiert.

Wer dieser Tage durch Michelhausen (Bezirk Tulln) fährt, dem fällt nichts Ungewöhnliches auf. Die Landwirte arbeiten auf ihren Feldern, auf der nahen Westbahnstrecke rauschen die Züge vorbei, manche besuchen das Leopold-Figl-Museum.

Auf den ersten Blick herrscht in der Marktgemeinde Normalzustand – doch es gibt noch immer Spuren einer Katastrophe, die ein ganzes Bundesland verändert hat.

"Rein äußerlich erscheint es so, als wäre bei uns wieder alles in Ordnung“, sagt Bürgermeister Bernhard Heinl (ÖVP), "doch es gibt noch immer Häuser, die nicht bewohnbar sind.“ 

Bis Ende Jänner stand in vielen Kellern das Grundwasser noch einen halben Meter hoch. Derzeit ist man dabei, die Kanalsysteme zu reinigen und Pumpwerke zu reparieren.

Fünf Menschen kamen ums Leben

So wie das Tullnerfeld wurden viele Regionen des größten Bundeslandes Mitte September von einem bis dahin noch nie dagewesenen Hochwasser heimgesucht. In manchen Orten fielen bis zu 500 Liter Regen pro Quadratmeter. Dämme brachen, ganze Ortschaften wurden von Flutwellen überrollt, fünf Menschen kamen ums Leben.

"Es waren die dunkelsten Stunden in der jüngsten Geschichte unseres Landes“, erinnerte ÖVP-Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner am Dienstag an das verheerende Unwetter. 131.000 Einsatzkräfte standen damals im Dauereinsatz. Besonders schwer betroffen waren die Bezirke St. Pölten (335 Mio. Euro Schaden), Tulln (220 Mio.) und Melk (90 Mio.). Insgesamt beläuft sich die Schadenssumme auf mehr als eine Milliarde Euro.

Klar ist, dass man vielerorts einfach machtlos gegen die Wassermassen war. "Man kann“, sagt Heinl, "Dämme einfach nicht unendlich hoch bauen. Irgendwann ist da eine Grenze erreicht.“

Dennoch: Das Land will besser gerüstet sein, sollte es erneut zu einer solchen Ausnahmesituation kommen. Ein entsprechender Aktionsplan wurde nun – neun Monate nach der Flut – präsentiert. Bis 2040 sollen rund eine Milliarde Euro in verschiedene Projekte investiert werden.

++ HANDOUT ++ UNWETTER: ÜBERSCHWEMMUNGEN IN NIEDERÖSTERREICH

Auch das Bundesheer stand im Dauereinsatz

Ein von der Landesregierung beauftragter Expertenbericht unter der Leitung von Boku-Universitätsprofessor Friedrich Zibuschka bildet die Grundlage für die zukünftige Strategie. Neben dem weiteren Ausbau des Hochwasserschutzes sind unter anderem mehr Retentionsflächen, Anpassungen bei Raum- und Bauordnung sowie spezielle Maßnahmen gegen Hangwasser vorgesehen. Konkrete Maßnahmen im Bereich Raumordnung wurden bislang noch nicht benannt – man werde jedoch eine Prüfung vornehmen, versprach Zibuschka.

Angedacht wird etwa, dass Baulandwidmungen im Restrisikobereich an Bedingungen geknüpft werden (z. B. Mindestanforderungen im Bebauungsplan). Weiters sollen Gefährdungen durch Niederschlags- und Hangwasser bei Widmungen noch stärker berücksichtigt werden.

Ein Schwerpunkt liegt laut Landesvize Stephan Pernkopf (ÖVP) auch auf der Verbesserung des Mess- und Prognosesystems. Derzeit sind 60 Prognosepegel in Betrieb, 30 weitere sollen folgen. 

Der Ausbau erfolgt auch deshalb, weil das Interesse der Bevölkerung an den Pegelständen groß ist. Am 15. September 2024 wurden auf der Homepage des Landes (www.noel.gv.at/wasserstand) mehr als 3,4 Millionen Zugriffe verzeichnet.

++ HANDOUT ++ UNWETTER - NIEDERÖSTERREICH WURDE ZU KATASTROPHENGEBIET ERKLÄRT / MIKL-LEITNER, PERNKOPF

Mikl-Leitner und Pernkopf schnürten Aktionspaket

Ebenfalls fix: Die technische Infrastruktur soll widerstandsfähiger und die Kommunikation im Katastrophenfall robuster werden.

"Kommunikation läuft gut"

Feuerwehrchef Dietmar Fahrafellner betonte außerdem, wie wichtig die Zusammenarbeit im Krisenfall mit anderen Bundesländern sei – insbesondere dann, wenn Spezialgeräte benötigt werden. "Hier läuft die Kommunikation bereits sehr gut.“

Kommentare