Häusliche Gewalt: Staatsanwalt oft „Hände gebunden“

Die Justiz werde erst spät involviert, sie ist immer auch auf die Opfer angewiesen

Nach zwei Morden an Frauen im Raum Wiener Neustadt hat die Staatsanwaltschaft betont, im Bereich der Gewaltprävention nur relativ wenige Maßnahmen zur Verfügung zu haben. Ihre Rolle sei jene der Leiterin des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens. „Wir können erst ein Verfahren einleiten, wenn etwas passiert ist“, erklärt die leitende Staatsanwältin Barbara Haider. In Sachen Prävention müsse in Gewaltschutzeinrichtungen investiert werden, heißt es. Auch mehr Angebote von Antigewalttraining brauche es.

Mit Festnahmen oder Anträgen zur U-Haft sei man erst in einer späten Phase des Konfliktes – erst nach Ermittlungen der Polizei – involviert, erklärt Haider. Zudem stoße die Staatsanwaltschaft trotz Maßnahmen der Polizei wie Betretungsverbote oder Beratung durch Gewaltschutzzentren auf „rechtliche und tatsächliche“ Grenzen. Etwa, wenn ein Opfer häuslicher Gewalt seine Aussage abschwächt und damit der dringende Tatverdacht wegfällt. Da seien der Staatsanwaltschaft die Hände gebunden; das führe dazu, dass keine Festnahme oder Verhängung der U-Haft erfolgen kann.

Diversion

Zudem seien die Voraussetzungen für eine Verhängung der U-Haft häufig nicht gegeben; das Gesetz sehe mitunter diversionelle Maßnahmen wie Antigewalttrainings vor. Zu den etwa von den Frauenhäusern geforderten Gefährlichkeitseinschätzungen der Täter heißt es, dass das auch eine Ressourcenfrage sei. Es gebe etwa zu wenige Gerichtspsychiater. Neben den Gewalttaten an Frauen beschäftigt die Staatsanwaltschaft auch das Thema Altersfeststellung bei Verdächtigen. Dass, wie im Fall jenes 19-jährigen Syrers, der am 13. Jänner seine 16-jährige Ex-Freundin erwürgt haben soll, die Justiz eine Altersfeststellung beauftrage komme selten vor. Sonst greife man aus Gutachten im Asylverfahren durch. Das Alter des Verdächtigen hat etwa Auswirkungen auf Strafrahmen.

Weniger gerichtlich strafbare Handlungen

Generell seien im Vorjahr die das Landesgericht Wiener Neustadt betreffenden Straftaten zurückgegangen. 3061 Fälle wurden bearbeitet, 2017 waren es 3190. Auch die Verfahren gegen unbekannte Täter sind beim Landesgericht von 4860 im Jahr 2017 auf 4450 im Vorjahr gesunken. Der Schluss der Staatsanwalstchaft: Die Anzahl von gerichtlich strafbaren Handlungen seien im Sprengel zurückgegangen.

Zugenommen haben hingegen die Anzahl der Festnahmen (194 gegenüber 166), die Durchsuchungsanordnungen (161 gegenüber 129) sowie Kontoöffnungen (47 gegenüber 34). Heuer werden die Staatsanwaltschaft die beiden Tötungsdelikte in Wiener Neustadt sowie Krumbach sowie das Verfahren um die Therapeutischen Gemeinschaften (TG) beschäftigen, meint der Erste Staatswanwalt Erich Habitzl.

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