"Wird sich der Höhenflug der Freiheitlichen fortsetzen? Wie werden bei der Bevölkerung die Koalitionsverhandlungen auf Bundesebene mit der FPÖ gesehen und bewertet? Es gibt so viele Faktoren, die sich nur sehr schwer einschätzen lassen", meint ein ÖVP-Funktionär. Hinsichtlich der Ausgangslage sagte Politologe Peter Filzmaier unlängst im KURIER ganz trocken: „Deutliche Gewinne der FPÖ und Verluste der ÖVP sind sowieso klar“.
Umbruch im ÖVP-Kernland
Im Kernland der Volkspartei, in Niederösterreich, findet ein Umbruch statt. Bei der Landtagswahl im 2023 verloren die Schwarzen 9,7 Prozentpunkte und erreichten mit 40 Prozent der gültigen Stimmen das historisch schlechteste Wahlergebnis in ihrer Geschichte. Zudem war die absolute Mehrheit weg, eine Koalition mit Blau die Folge.
Bei der Nationalratswahl im Jahr 2024 konnte die FPÖ in 198 der 573 niederösterreichischen Gemeinden Platz eins einfahren, in 21 Kommunen erzielten sie sogar mehr als 40 Prozent. Insgesamt blieb die Volkspartei zwar die stimmenstärkste Partei, aber nur mit einem hauchdünnen Abstand zu den Blauen.
Der jüngste und älteste Kandidat
Dennoch: Der Wahlkampf-Motor der ÖVP im größten Bundesland läuft noch. Rund 20.000 Kandidatinnen und Kandidaten treten in den 568 Gemeinden, in denen gewählt wird, an.
Der jüngste Kandidat heißt Dominik Haselsteiner und kommt aus St. Georgen/Ybbsfeld (Bezirk Amstetten). Er wird am Samstag 18 Jahre alt. Der älteste ist mit Erich Hechl ein echtes Polit-Urgestein aus Wolfsgraben (Bezirk St. Pölten-Land). Hechl ist 94 Jahre alt und war lange Zeit selbst Bürgermeister in seiner Heimatgemeinde.
Die Bünde (Bauernbund, NÖAAB und Wirtschaftsbund) mobilisieren für den Wahlsonntag ebenfalls, auch die Parteijugend ist höchst aktiv.
Aber wird das reichen? Im Falle einer deutlichen Niederlage hat man in der Landesparteizentrale schon vorgebaut, zumindest lässt sich das aus den Aussendungen von Parteimanager Matthias Zauner herauslesen. Der Schwarze Peter wird in Wien und nicht in NÖ zu suchen sein.
"Gegenwind statt Rückenwind"
"In Niederösterreich gibt es durch den Wegfall des Wahlrechts für Zweitwohnsitze um knapp 170.000 Wahlberechtigte weniger, gleichzeitig aber um 148 Mandate mehr und auch die Konkurrenz ist mit 200 Bürgerlisten und 86 Parlamentsparteien größer als bei den letzten Gemeindewahlen 2020", betont er. Und weiter: "War der Rückenwind vonseiten des Bundes 2020 noch enorm, hat sich dieser mittlerweile in einen Gegenwind verwandelt und stellt die Funktionäre quer durch das Land vor Herausforderungen bei ihren Hausbesuchen."
Im Wahlkampffinale verstärkt in den Kommunen unterwegs war auch ÖVP-Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner. Wird sie sich bei einem schwachen Ergebnis gar einer Führungsdiskussion stellen müssen?
„Was soll eine Führungsdiskussion als Reaktion auf Wahlen auf Gemeindeebene bringen? Man muss ja vielmehr an einer Beruhigung der Lage interessiert sein als an internen Streitigkeiten, die in aller Öffentlichkeit geführt werden. Außerdem ist derzeit niemand bereit, als möglicher Nachfolger seinen Hut in den Ring zu werfen“, meint dazu Filzmaier.
Klar ist: Die niederösterreichische ÖVP steht am Sonntag vor ihrer bislang schwersten Wahl. Es geht um die regionale Polit-Macht im weiten Land, die Volkspartei stellt aktuell in 448 Gemeinden den Bürgermeister. Und es geht innerparteilich auch darum, dass aus Unsicherheit nicht eine Unruhe wird.
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