Gemeinderatswahl St. Pölten: „Das muss Stadler Sorgen machen“
In etwas mehr als drei Wochen werden die St. Pöltner darüber entscheiden, von welchen Politikern sie künftig im Stadtparlament vertreten werden. Die Überschrift, unter der diese Wahl steht, ist klar: Alle gegen Bürgermeister Matthias Stadler. Denn während die SPÖ ihre seit Jahrzehnten andauernde absolute Mehrheit verteidigen möchte, wollen ÖVP, FPÖ, Grüne, Neos, KPÖ und die Liste Multikulturelle Gesellschaft diese brechen. Die zentrale Frage ist, ob ihnen das gelingen wird.
Prognosen schwierig
Politikwissenschafter Peter Filzmaier will sich in dieser Frage noch nicht festlegen, der Grund liegt für ihn auf der Hand. „Bei einer zuletzt 2021 stark rückläufigen Wahlbeteiligung von nur 56 Prozent kann ich jedem mit seinen Spekulationen über das Ergebnis 2026 nur viel Glück wünschen – wissenschaftlich seriös ist das nicht. Denn wenn fast jeder Zweite womöglich zu Hause bleibt, können alle Parteien aus dem Nichtwählerlager rechnerisch deutlich mehr Stimmen holen als von irgendeiner anderen Partei. Das macht Prognosen so schwierig“, sagt Filzmaier.
Denkzettelwahl?
Auch wenn der Wahlausgang völlig offen ist, geht bei SPÖ und ÖVP die Sorge um, dass der Urnengang in der Landeshauptstadt zu einer Denkzettelwahl werden könnte, nachdem der Zuspruch für die beiden Volksparteien auf Bundesebene derzeit schwindet. Wie sieht der Politikexperte die Ausgangslage für die Sozialdemokraten und die Volkspartei?
„Ja, die Imagewerte von ÖVP-Kanzler Christian Stocker und vor allem SPÖ-Chef Andreas Babler sind bescheiden. Doch hier geht es um etwas anderes: Gibt es einen Zusammenhang zwischen der bundespolitischen Stimmungslage und dem Wahlverhalten auf Gemeindeebene? Die Gemeinderatswahlen in allen anderen Orten Niederösterreichs sind dafür allerdings keine geeignete Vergleichsgröße, weil sie Ende Jänner und damit vor der Regierungsbildung in Wien stattfanden. Am 23. März wurde jedoch auch in den steirischen Gemeinden – mit Ausnahme von Graz – gewählt, und der Denkzettel für die dortigen lokalen Amtsinhaber fiel überschaubar aus. Einen Automatismus, wie viel eine Bürgermeisterpartei verliert, gibt es also nicht. Allerdings hat die SPÖ mehr verloren als die in der Steiermark deutlich größere ÖVP – das muss Stadler natürlich Sorgen machen“, sagt Filzmaier.
Können die Neuen punkten?
Wie berichtet, haben sich alle Parteien bis auf die SPÖ mit neuen Spitzenkandidaten in Stellung gebracht. Für die ÖVP ist das Florian Krumböck, für die FPÖ Martin Antauer, für die Grünen Walter Heimerl-Lesnik, für die Neos Bernd S. Pinzer und für die KPÖ Max Zirngast, der aus der Steiermark in die nö. Hauptstadt gezogen ist. Wird die Opposition damit punkten können? Filzmaier: „Der dominante Spitzenkandidat bleibt in St. Pölten so oder so Matthias Stadler, weil er einen langjährigen Amtsinhaberbonus hat. Man muss die Kandidatenwechsel aber auch als Teil der parteiinternen Kommunikation verstehen. Wie soll jemand den eigenen Leuten glaubhaft vermitteln: ,Diesmal brechen wir die absolute Mehrheit der SPÖ‘, wenn diese Person damit bereits einmal gescheitert ist? Ein neuer Spitzenkandidat signalisiert hier deutlich eher Aufbruchsstimmung.“
Am 25. Jänner 2026 wählen etwas mehr als 44.000 St. Pöltner die 42 Mitglieder ihres Gemeinderats. Die konstituierende Sitzung erfolgt etwas später, nämlich zwischen dem 20. Februar und dem 10. März. Dann steht auch fest, wer St. Pölten künftig regieren wird, denn aus den gewählten Gemeinderatsmitgliedern werden auch der Bürgermeister und die beiden Vizebürgermeister bestimmt.
Wahllokal
Die Wahllokale öffnen um 7 Uhr, die letzten schließen um 16 Uhr. Eine Ausnahme gibt es: Der Sprengel 17 im Seniorenwohnheim Goethestraße schließt bereits um 12 Uhr.
Briefwahl
Seine Stimme kann man freilich auch per Briefwahl abgeben. Den dafür nötigen Antrag auf Ausstellung einer Wahlkarte bekamen die Bürger bereits Mitte Dezember zugestellt. Die Wahlkarte kann schriftlich, online oder persönlich ab Anfang Jänner beim Magistrat beantragt werden. Um die Beantragung noch einfacher zu machen, werden Anfang Jänner am Rathausplatz spezielle Wahlkartencontainer aufgestellt.
Diese sind zu den Bürgerservice-Öffnungszeiten (Montag, Mittwoch und Donnerstag von 7.30 bis 15 Uhr, Dienstag bis 18 Uhr und Freitag bis 12 Uhr) sowie zusätzlich an den Samstagen, dem 10. und 17. Jänner (jeweils von 8 bis 12 Uhr), geöffnet.
Name vor Partei
Der Stimmzettel wurde vollständig neu gestaltet. Er ist nun größer, die Kandidaten sind direkt unter den jeweiligen Parteien angeführt. Es dürfen bis zu fünf Vorzugsstimmen für Wahlwerber einer Partei vergeben werden, dabei gilt das Prinzip „Name vor Partei“.
Für Diskussionen sorgte bereits Krumböck, der – obwohl St. Pölten als Stadt mit einer niedrigen Kriminalitätsrate gilt – das Thema Sicherheit stark in den Vordergrund rückt. Zudem will er „das Wachstum bremsen“. Hat er die richtigen Themen gewählt?
„Man muss fairerweise dazusagen, dass Florian Krumböck diesbezüglich vor einem unlösbaren Dilemma steht. Soll er etwa die Sicherheit loben und die Wachstumsparolen des Bürgermeisters abkupfern? Das geht nicht, damit würde er Wahlkampf für Stadler machen. Was er stattdessen versucht, ist eine gezielte Zielgruppenansprache“, meint der Politikwissenschafter.
„FPÖ legt sicher zu“
Beobachter sind sich jedenfalls einig, dass die Freiheitlichen am 25. Jänner bei den Stimmen deutlich zulegen werden. Die FPÖ verlor 2021 kräftig, büßte 5,7 Prozentpunkte und damit drei Mandate ein. Kann Antauer, der auch als FPÖ-Landesrat aktiv ist, die Wende schaffen? Filzmaier: „Zulegen wird die FPÖ sicher. Das ist aber nur dann von Bedeutung, wenn zugleich die SPÖ ihre absolute Mehrheit verliert. Was die Person Antauer betrifft, so ist bei der FPÖ derzeit tatsächlich die Parteimarke stärker als das Kandidatenimage – egal, wer antritt.“
Chancen auf Zugewinne werden auch der KPÖ zugerechnet, die mit Zirngast einen bekannten Vertreter ins Rennen schickt.
Filzmaier bleibt im KURIER-Gespräch dennoch skeptisch: „Wir wissen aus Salzburg und Innsbruck, dass die KPÖ auch jenseits von Graz mit dem Thema leistbares Wohnen stark punkten kann. Die Erfahrung zeigt aber, dass es dafür – neben der Grazer Bürgermeisterin Elke Kahr vor allem Kay-Michael Dankl in Salzburg – ein echtes Zugpferd als Spitzenkandidat braucht, der über viele Jahre an seiner lokalen Glaubwürdigkeit gearbeitet hat. Ob Zirngast bereits ein solches Zugpferd sein kann, nachdem er 2021 noch anderswo, nämlich in Graz, kandidiert hat? Das wird schwierig.“
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