Die Familie eines Zwangsarbeiters zu Besuch in NÖ: Eine Spurensuche

Roger Tempels seinerzeit mit einem Ochsen und vier Kindern am Hof der nö. Familie.
Roger Tempels leistete am Hof der Familie Faltl in Stratzing einen landwirtschaftlichen Arbeitseinsatz – daraus ging eine jahrzehntelange vertrauensvolle Verbindung hervor.

Der Belgier Roger Tempels geriet im Mai 1940 in Kriegsgefangenschaft der deutschen Wehrmacht. Mit anderen Gefangenen wurde er ins Lager „Stalag XVII B“ in Krems-Gneixendorf gebracht. Im Juli wurden er und 13 weitere Männer als „Arbeitskommando“ losgeschickt – es ging für sie nach Stratzing, kaum einen Kilometer von Stalag XVII B entfernt. Sie mussten sich in einer Reihe vor dem Rathaus aufstellen und jeder Bauer durfte einen Mann auswählen, der auf dem Hof mithelfen musste.

Roger Tempels, damals 28 Jahre alt, kam zu Johann Faltl. Der Bürgermeister hatte den Befehl ausgegeben, dass die Gefangenen nicht mit den Bauernfamilien essen durften, sondern separiert werden müssten. „Mein Großvater saß ab dem ersten Tag bei der Familie Faltl am Tisch“, erzählt Kurt De Bruyne, der Enkel von Roger Tempels.

„Er hat uns erzählt, dass die Familie sehr gut zu ihm war und ihm vermutlich das Leben gerettet hatte – im Lager und beim Marsch zuvor herrschte oft Hunger, die Gefangenen hatten in drei bis vier Wochen rund 15 Kilo verloren“, so De Bruyne, der heute aus persönlichem Interesse zur belgischen Vergangenheit im Nationalsozialismus forscht. Ihm ist Stratzing und die Umgebung mittlerweile bestens bekannt.

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Das Gruppenfoto zeigt die Familie von Roger Tempels bei der Familie Faltl-Graf in Stratzing.

Hintergrund: In NÖ mussten während des Zweiten Weltkriegs viele Tausende Menschen Zwangsarbeit leisten.

Donau-Uni: Ein Forschungsprojekt unter Leitung der Universität für Weiterbildung Krems (Donau-Uni) möchte die Zeit der NS-Zwangsarbeit in NÖ mithilfe privater Quellen aufarbeiten. Unter dem Titel „Connecting Memories“ sind Bürger, Nachkommen und lokale Initiativen aufgerufen, mit Dokumenten, Fotos oder Erinnerungen dazu beizutragen.

Man kann sich beteiligen: eMail: connectingmemories@donau-uni.ac.at; +43 2732/893-2545; www.connectingmemories.at.

„Er hat uns erzählt, dass die Familie sehr gut zu ihm war und ihm vermutlich das Leben gerettet hatte – im Lager und beim Marsch zuvor herrschte oft Hunger, die Gefangenen hatten in drei bis vier Wochen rund 15 Kilo verloren“, so De Bruyne, der heute aus persönlichem Interesse zur belgischen Vergangenheit im Nationalsozialismus forscht. Ihm ist Stratzing und die Umgebung mittlerweile bestens bekannt.

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