Filmreifer Ausbruch durch die Mauer
Es war eine filmreife Flucht, wie man sie sonst nur aus dem Kino kennt. Vier männlichen Insassen der Justizanstalt Hirtenberg im Bezirk Baden, NÖ, ist Freitagfrüh ein spektakulärer Gefängnisausbruch geglückt. Nach anscheinend akribischer Planung und wochenlanger Vorbereitungszeit haben die Gefangenen mit einem Metallrohr ein Loch in die 40 Zentimeter dicke Außenmauer der Strafanstalt gestemmt. Durch dieses Loch gelangte das Quartett am Freitag gegen 8.30 Uhr direkt auf die Bundesstraße 18 im Ortsgebiet von Hirtenberg. Nach einer groß angelegten Fahndung, an der 80 Polizisten und Justizbeamte sowie ein Hubschrauber des Innenministeriums beteiligt waren, konnten zwei Flüchtige nur zwanzig Minuten nach dem Ausbruch im Nachbarort Leobersdorf gestellt werden.
Wäscherei
Die vier Männer, ein Rumäne, ein Staatenloser, ein Serbe und ein Kroate, verbüßten allesamt Haftstrafen wegen Eigentums- und zum Teil Suchtgiftdelikte. "Sie waren zusammen in der mit etwa 25 Gefangenen besetzten Wäscherei beschäftigt", erklärt Generalleutnant Peter Prechtl von der Vollzugsdirektion. Von dort aus konnten sie ihren ausgeklügelten Fluchtplan perfekt umsetzen. Über die Zwischendecke einer Toilette verschafften sich die Häftlinge Zugang zum Dachboden, wo sie unbemerkt Tag für Tag daran arbeiteten, die Außenmauer zu durchbrechen.
Kurze Zeit, nachdem die Männer türmen konnten, gab eine Passantin den entscheidenden Hinweis. Wenig später bemerkten zwei Polizeistreifen zwei verdächtige Gestalten im Ortsgebiet von Leobersdorf. Es handelte sich um den Rumänen und seinen staatenlosen Gefängniskumpanen, die sofort festgenommen und in die
Justizanstalt zurückgebracht wurden. Die Suche nach dem noch flüchtigen Kroaten - er wäre schon nächstes Monat entlassen worden - und dem Serben, lief indes auf Hochtouren weiter.
Im Frisörsalon "Ilse" gleich gegenüber der Justizanstalt ist der Ausbruch natürlich Gesprächsthema: "Selbst gesehen haben wir nichts. Aber über den Ausbruch haben wir schon um zehn Uhr über Facebook erfahren. Angeblich sind am Bahnhof Leobersdorf Schüsse gefallen", sagt eine Frisörin. Eine Kundin ist beunruhigt, kann aber bitter lachen: "Wir wohnen nicht weit entfernt. Hoffentlich sitzen die Ausbrecher nicht schon bei mir im Garten, wenn ich nach Hause komme."
Erstes Bier
Wirt Franz Pitterna von "Pibis Pub" gegenüber war gerade einkaufen, als der
Ausbruch passierte. "Plötzlich war überall Polizei. Die Unsicherheit in der Bevölkerung ist groß. Man weiß ja nicht, was denen einfällt."
Mit den "Knastbrüdern" hat Pitterna übrigens öfters zu tun: "Leute, die entlassen werden, kommen oft zu mir auf ein erstes Bier in Freiheit. Und 90 Prozent sagen, dass sie unschuldig sind", schmunzelt er.
"Einer wäre sogar im November entlassen worden"
Der KURIER sprach mit dem stellvertretenden Leiter der Justizanstalt Hirtenberg, Oberst Gerhard Weiner.
KURIER: Wann genau bemerkten Sie den Ausbruch?
Weiner: Um 8.30 Uhr verständigte eine Passantin die
Polizei, dass sie Männer von der Anstalt weglaufen gesehen hat. Es stellte sich heraus, dass es sich um vier Leute handelte, die in der Wäscherei verschwunden waren. Zwei wurden danach aufgegriffen, zwei sind flüchtig.
Warum waren die Männer im Gefängnis? Besteht eine Gefahr für die Bevölkerung?
Alle vier sind wegen Eigentumsdelikten verurteilt worden. Es sind keine Schwerverbrecher und es ist auch von keinem besonderen Gefährdungspotenzial auszugehen.
Wie gelang den vier Männern der Ausbruch?
In einem Insassen-WC öffneten sie eine Decke, durchbrachen dann eine Zwischenmauer und gelangten auf den Dachboden. 'Dann haben sie die Außenmauer durchbrochen. Der Maschinenlärm in der Wäscherei half ihnen.
Wie lange hätten die Männer noch sitzen müssen? Gab es Anzeichen für ihre Flucht?
Einer wäre sogar Ende November entlassen worden. Alle vier sind führungsmäßig positiv in Erscheinung getreten. Sonst hätten sie auch nicht die Arbeit in der Wäscherei bekommen. Dort konnten sie sich relativ frei bewegen.
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