Familienfehde eskalierte auf dem Friedhof

Interview mit dem Sterbeforscher Bernhard Jakoby auf dem Inzersdorfer Friedhof
Mann zeigte seine Stiefmutter an, weil sie vom Grab des Vaters ein Gesteck entwendet haben soll. Der skurrile Prozess endete mit einem Freispruch.

Sie würdigen sich keines Blickes. Zwischen Birgit L. und ihrem Stiefsohn herrscht Eiszeit. Familiäre Konflikte brachten die beiden nun vor das Bezirksgericht St. Pölten. Eigentlich ging es bei dem kuriosen Prozess nur um ein verschwundenes Grabgesteck, doch der Fall zeigt auch, womit sich Richter, Staatsanwälte und Verteidiger tagtäglich beschäftigen müssen.

Nicht gekümmert

L.s Mann starb im vergangenen Jahr an Krebs. Schon bei der Pflege des Schwerkranken kam es zu Streitereien, die bis über seinen Tod hinausgehen sollten. „Die Kinder haben sich zu wenig um ihn gekümmert“, berichtet L. Als der Mann aus Rabenstein an der Pielach, Bezirk St. Pölten, starb, fand im Ort das Begräbnis statt.

Der Sohn des Verstorbenen stellte ein Blumengesteck zu der letzten Ruhestätte. Tage später war der Blumenschmuck verschwunden. Frau L. hatte in weggeräumt. Ihr Stiefsohn stellte ihn mit Zornesröte im Gesicht wieder zurück. Doch die Fehde war damit nicht zu Ende. Denn die 49-Jährige nahm schließlich das Gesteck und warf es am Friedhof in die Biotonne. Das brachte das Fass zum Überlaufen. „Wie ist das Gesteck weggekommen?“ schrieb ihr der Stiefsohn per SMS. „Weg. Will von euch auf dem Friedhof nichts haben“ war die Antwort, die Minuten später am Handy aufleuchtete.

Bestattungsgesetz

Aber anstatt den Konflikt durch eine Aussprache zu regeln, landete L. vor Gericht und musste sich dort wegen „dauerhafter Sachentziehung“ verantworten. Ihr Stiefsohn hatte sie bei der Polizei angezeigt.

„Ich weiß nicht, was meine Mandantin Unrechtes getan haben könnte“, sagte Verteidiger Josef Gallauner zur Richterin. Die gab ihm schlussendlich auch recht. Da die Angeklagte auch das Begräbnis und das Grab zahlte, kann sie nach dem nö. Bestattungsgesetz dort auch tun und lassen was sie will. Das Urteil lautete auf Freispruch, die Streitereien werden wohl weitergehen.

Kommentare