Intrige? Abgang von beliebtem Pfarrer in Wien sorgt für Aufregung

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Der als charismatisch und leutselig geltende Pfarrer Angelo Rajaseelan wurde überraschend abgesetzt. Ist er Opfer einer Intrige?

Das Leben eines modernen Geistlichen wie aus dem Bilderbuch – oder besser: wie aus Facebook: Der Pfarrer auf dem Oldtimer-Traktor und in der Feuerwehr-Uniform; einmal segnet er die Jäger, dann die Osterjause; ein Ausflug zum Eislaufen mit den Firmlingen hier, eine Taufe dort. Dazwischen die Seniorenrunde besucht und das Hochamt mit Kardinal Christoph Schönborn gefeiert.

Alle paar Tage postete Angelo Rajaseelan, den sie als Leiter des großen Pfarrverbandes „Drei Anger von Wien“ (Gerasdorf in Niederösterreich und Süßenbrunn in Wien) alle nur „Pfarrer Angelo“ nennen, von den Ereignissen seiner Gemeinde. Bis zum 26. April, als zum letzten Mal viele bunte Fotos mit lachenden Gesichtern hochgeladen werden. Denn der Pfarrer wird urplötzlich seines Amtes enthoben – was die Gemeinde in Schock versetzt und zu Rücktritten aus Solidarität führt. Denn konkrete Verfehlungen sollen gar nicht vorliegen. Gegenüber dem KURIER sagt einer folgenden Satz: „Er war der richtige Pfarrer am falschen Ort und zur falschen Zeit.“

Der aus Sri Lanka stammende Gottesmann hatte davor an mehreren Orten im Burgenland gewirkt. Mit seiner charismatischen Art sei es gelungen, wieder mehr Christen für den Glauben zu gewinnen – oder wie der KURIER 2014 titelte: „Ein Priester erobert die Herzen“.

2022 folgte schließlich der Umzug in die Erzdiözese Wien, wo Pfarrer Angelo für Tausende Schäfchen in gleich fünf Kirchen zuständig wurde: „Drei Anger“ besteht aus den Pfarren Gerasdorf, Seyring und Süßenbrunn sowie den Filialkirchen Kapellerfeld und Oberlisse. Also viele Kirtage, auf denen man tanzen kann. Offenbar zu viele für manche in der Gemeinde.

Denn an die Erzdiözese Wien ging vor einigen Monaten (erst im Herbst 2024 wurde Rajaseelan offiziell zum „Pfarrmoderator“ ernannt) ein regelrechter Beschwerde-Kanon gegen ihn ein. Anonym, wie es heißt. Wirkliche Verfehlungen sollen aber gar nicht dabeigewesen sein, wie auch Weihbischof Stephan Turnovszky vor Kurzem bei einem Info-Abend vor Gläubigen bekannte.

Warum dann die rasche Abberufung und das Einsetzen eines Pfarrprovisors? Warum wird genau andersrum vorgegangen als in Penzing, als die Erzdiözese trotz belegbarer Probleme mit „Pfaffenheini“ Christian Sieberer lieber den Pfarrgemeinderat als den Pfarrer absetzte?

„Wollen ruhige Pfarre“

Rajaseelan kann sich das Ganze auch nicht erklären: „Manche Leute wollen das nicht, was ich mache, die wollen eine ruhige Pfarre. Und dann haben sie sich beschwert, ich sei nicht der passende Pfarrer“, klagt er. Letztlich habe ihn der Weihbischof gebeten, zu gehen: „Ich habe Ja gesagt, denn ich streite nicht, ich bin ein Gottesdiener. Was der Bischof will, mache ich“, sagt Rajaseelan. Nachsatz: „Es war eine wunderschöne Zeit.“ Das finden offenbar auch viele Ehrenamtliche in den einzelnen Pfarren – denn sie beendeten aus Solidarität mit Angelo jetzt ihre Tätigkeiten: Darunter Mesner, Pfarrgemeinderäte, Firmbegleiter, Jungschar- und Jugendleiter.

„Alle sind zurückgetreten, weil ich weggehen muss“, sagt Rajaseelan.

Zerrüttung unvermeidlich

Womit der Konflikt im Pfarrverband offenkundig weite Kreise zieht und schwer zu lösen sein wird. Oder wie es jemand aus der Gemeinde ausdrückt: „Die Zerrüttung wird bleiben. Diese Intrigen und Machtspielchen können nicht einfach weggewischt werden.“ Ein anderer spricht von viel nötiger Arbeit: „Es gilt jetzt zu verbinden, was gebrochen ist.“ Offiziell reden will niemand, da der Fall zu heikel sei und man nicht auch ins Schussfeld geraten will.

Diözese: „Belastend“

Ein Sprecher der Erzdiözese attestiert Rajaseelan, dass er „sehr gute Seiten“ habe und Menschen begeistern könne, aber als Pfarrmoderator nicht der Richtige gewesen sei: „Der Grund seiner Entpflichtung ist, dass es im zu Ende gehenden Arbeitsjahr vermehrt zu Konflikten in seinen Pfarren gekommen ist, und der Pfarrmoderator trotz externer Begleitung nicht in der Lage war, verbindend und versöhnend zu agieren. Unbestritten ist, dass diese Situation auch für den Pfarrmoderator belastend war.“ Dass sich nun Ehrenamtliche verabschiedet hätten, sei „verständlich“ – sie seien aber herzlich eingeladen, „sich weiter ins Pfarrleben einzubringen“, so die Erzdiözese.

Wohin es Pfarrer Angelo künftig ziehen wird, weiß derzeit nur der liebe Gott. „Ich werde dorthin gehen, wo man mich braucht“, sagt er. Vielleicht ist er dann der richtige Mann am richtigen Ort.

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