Erntehelfer ging in Tulln auf Kollegen los: Zehn Jahre Haft

Erntehelfer ging in Tulln auf Kollegen los: Zehn Jahre Haft
Der 22-Jährige wurde wegen versuchten Mordes schuldig gesprochen. Urteil nicht rechtskräftig.

Wegen versuchten Mordes und Verleumdung ist am Mittwoch in St. Pölten ein 22-Jähriger schuldig gesprochen worden. Der Erntehelfer hatte im November 2018 in Tulln einem gleichaltrigen Kollegen eine Glasflasche an den Kopf geworfen, ihn durch Faustschläge verletzt und war mit einem Messer auf ihn losgegangen. Der Angeklagte erhielt nicht rechtskräftig die Mindeststrafe von zehn Jahren.

Die Entscheidung der Geschworenen zur Frage nach Mordversuch fiel im Verhältnis sieben zu eins. Milderungsgründe bei der Strafbemessung waren laut der vorsitzenden Richterin der bisher ordentliche Lebenswandel des Beschuldigten, der Umstand, dass es beim Versuch geblieben und der Angriff für das Opfer relativ glimpflich ausgegangen war sowie der teilweise Beitrag zur Wahrheitsfindung und die übermäßige Enthemmung des nicht an Alkohol gewöhnten Angeklagten. Erschwerend wirkte sich das Zusammentreffen von einem Verbrechen mit einem Vergehen aus. Die Staatsanwaltschaft verzichtete auf Rechtsmittel, der 22-Jährige erbat sich drei Tage Bedenkzeit. Damit ist das Urteil nicht rechtskräftig.

Die Tat hatte sich am 16. November des Vorjahres in einem vom Dienstgeber zur Verfügung gestellten Quartier ereignet, in dem der Angeklagte mit drei Kollegen wohnte. Der Beschuldigte und das Opfer hatten nach der Arbeit Metaxa gekauft und den Alkohol mit den beiden anderen Männern in der Küche der WG konsumiert.

Der Angeklagte hätte laut Staatsanwaltschaft gerne noch weiter getrunken, seine drei Mitbewohner wollten aber schlafen gehen. Der 22-Jährige habe sich in Bauchlage ins Bett gelegt, der Beschuldigte soll ihn mit einer Glasflasche und mit den Fäusten attackiert haben.

Das Opfer erlitt eine Rissquetschwunde sowie Prellungen und flüchtete ins Badezimmer. "Ich habe mich circa zehn Minuten lang eingesperrt", schilderte der Rumäne gemäß Dolmetscher.

Küchenmesser und Schwitzkasten

Der Angeklagte soll ein Messer mit zwölf Zentimeter Klingenlänge aus der Küche geholt haben. Als der 22-Jährige aus dem Bad herauskam, soll er ihn in den Schwitzkasten genommen und versucht haben, auf seinen Brustkorb einzustechen. "Ich habe geglaubt, ich werde sterben", sagte der Mann im Zeugenstand. Er habe es geschafft, die messerführende Hand des 22-Jährigen festzuhalten, als die Klinge nur wenige Zentimeter von seinem Oberkörper entfernt war, und um Hilfe gerufen.

Gemeinsam mit einem Kollegen gelang es ihm, dem Beschuldigten die Stichwaffe wegzunehmen. Der Angeklagte habe dann mit den Worten "Bleib da, ich schneid dich auf!" seine Mitbewohner verfolgt, die in Unterhosen aus der Wohnung flüchteten.

Dabei dürfte er wieder ein Messer in der Hand gehabt haben, vermuteten die Zeugen. Der Angeklagte bestritt die geschilderten Vorwürfe: Ein Messer sei nie im Spiel gewesen.

Der Beschuldigte wurde seinen Angaben zufolge von den anderen gehänselt. Zu dem Streit sei es gekommen, weil er die Küche saubermachen hätte sollen. Seine drei ehemaligen Mitbewohner würden lügen, meinte der seit der Festnahme in U-Haft sitzende Beschuldigte. Er habe das Opfer lediglich am Gang mit der Flasche attackiert.

Die Verteidigerin sagte, ihr Mandant sei "in ärmlichsten Verhältnissen aufgewachsen", er habe keinen Beruf erlernt und arbeite als Tagelöhner. Laut Gutachter war durch die Alkoholisierung die Steuerungsfähigkeit des Beschuldigten zwar herabgesetzt, er war aber zurechnungsfähig.

Außerdem wurde dem Angeklagten Verleumdung angelastet, zu diesem Vorwurf bekannte er sich schuldig. Er soll bei seiner Einvernahme durch die Polizei behauptet haben, das Opfer habe ihn gestoßen und er sei dabei durch eine Glastür gefallen, obwohl er diese selbst mit der Hand eingeschlagen haben soll. Dabei soll sich der Beschuldigte eine Schnittverletzung zugezogen haben.

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