Engpass bei Zivildienern, verpflichtendes Sozialjahr als Lösung?

Alleine die Rettungsdienste brauchen rund 6000 Zivildiener pro Jahr.
Der Mangel sei „besorgniserregend groß“, die Werbetrommel wird jetzt kräftig gerührt.

Die beiden größten Rettungsorganisationen des Landes stecken in einem organisatorischen Dilemma und schlagen Alarm. So groß wie heuer war der Zivildiener-Mangel noch nie. Vor allem der unbeliebte April-Termin bereitet große Sorgen: Fehlten dem Roten Kreuz in Niederösterreich vor zwei Jahren 20 bis 30 Zivildiener, waren es im Vorjahr bereits mehr als 80. Heuer ist die Lücke mit 130 bis 140 offenen Stellen – von insgesamt 300 Plätzen – fast doppelt so groß. Auch beim Samariterbund sind noch viele Plätze frei. Um das wachsende Problem bewältigen zu können, wird der Ruf nach einem verpflichtenden Sozialjahr für Männer und Frauen immer lauter.

Rückgang

Die Problemfelder sind vielschichtig. Seit mehreren Jahren geht die Anzahl jener Männer, die in NÖ den Zivildienst im Rettungswesen oder Pflegebereich ableisten wollen, zurück – von 2016 auf 2017 betrug das Minus exakt 109 Personen. Einerseits machen sich geburtenschwache Jahrgänge bemerkbar, andererseits rührt auch das Heer massiv seine Werbetrommel, um ausreichend Rekruten für den um drei Monate kürzeren Präsenzdienst zu mobilisieren.

„Noch dazu werden vor der Stellungskommission nur noch 50 Prozent der Männer für tauglich erklärt“, weiß Josef Schmoll, Präsident des Roten Kreuzes Niederösterreich. Er spricht von einer besorgniserregenden Situation. „Wenn wir die Zivildiener nicht mehr finden können, müssen stattdessen Hauptamtliche einspringen. Und dann wird der Rettungsdienst viel teurer“, schildert Schmoll. Noch ist er optimistisch und lässt über soziale Medien viele Werbepostings schalten, um die Zielgruppe ansprechen zu können.

Jedes Jahr benötigt das Rote Kreuz Niederösterreich mindestens 850 und der Samariterbund 160 Zivildiener, um die anfallenden Krankentransporte und Rettungseinsätze abarbeiten zu können. Alleine das Rote Kreuz transportiert pro Tag rund 2250 Patienten, ein Jahr davor waren es um 50 weniger.

April-Termin

Schwierig ist die Lage etwa in den Gemeinden Lilienfeld und St. Aegyd. „Wir haben insgesamt sechs Stellen, bisher hat sich erst ein Zivildiener gemeldet“, sagt Rot-Kreuz-Geschäftsführer Christopher Scheidl. Er plagt sich bei der Suche und macht für den Engpass auch die hohe Zahl der Organisationen verantwortlich. „Es suchen immer mehr Einrichtungen Zivildiener“, sagt Scheidl.

Auch beim Roten Kreuz Neunkirchen fehlen noch sieben von 14 „Zivis“. Horst Willesberger, Geschäftsführer der Bezirkstelle, hofft, dass er die freien Stellen noch vergeben kann, sonst droht ein Kapazitätsengpass. „Wenn wir nicht mehr alle Fahrzeuge besetzen können, wird es zu längeren Wartezeiten bei den geplanten Krankentransporten kommen“, meint Willesberger. Daher wünscht er sich endlich eine breite Diskussion um ein verpflichtendes Sozialjahr für Männer und Frauen (samt Berufsheer). „Weil die Pflegebedürftigen und so auch die Fahrten zunehmen werden, brauchen wir künftig ein neues Modell, um den Arbeitsaufwand bewältigen zu können“, sagt Willesberger.

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