Elch Emil bis Waschbär: Welche Tierarten nach Österreich kommen

In Schweden sind Elche so normal, dass Autofahrer sogar mit Verkehrszeichen davor gewarnt werden, ein bis zu 700 Kilogramm schweres Wildtier könnte ihren Weg queren. Das österreichische Schild-Pendant zeigt ein springendes Reh, schließlich leben Elche hierzulande nur in wenigen Zoos und nicht im Wald.
Doch dann kam Emil.
Seit der junge Elch, der offenbar aus Polen und Tschechien nach Österreich wanderte, vor gut zehn Tagen erstmals im Weinviertel gesichtet wurde, gibt es kein Halten mehr, medial und überhaupt: Kein Tag vergeht ohne „Wo ist Emil?“-Schlagzeile, seine Fangruppe auf Facebook hat mittlerweile mehr als 7.000 Mitglieder.
Doch was treibt Emil, der in Tschechien angeblich nach Läufer Emil Zátopek benannt wurde, denn bloß nach Niederösterreich?
„Ganz einfach, seine Mutter hat ihm wohl gesagt, es ist Zeit, zu gehen“, schmunzelt André Stadler, Direktor des Alpenzoo Innsbruck, wo Elche leben und im Vorjahr etwa Zwillingsnachwuchs zur Welt kam. „Er ist eben ein junger Bulle, der erwachsen wird und schaut, wo kann ich leben, wo finde ich Futter und ein Weibchen?“
Keine Gefährtin
Futtertechnisch wird Emil in Österreich keine Probleme haben, doch eine Gefährtin wird er hier nicht finden: Es gibt keine Elchpopulation in Österreich, auch wenn immer wieder Tiere aus Tschechien herüberwandern. Deshalb wird Elch Emil ein Durchzügler bleiben, anders als jene Arten, die wieder oder gänzlich gekommen sind, um zu bleiben – nicht immer zur Freude von Menschen und den Tierarten, die hier heimisch sind.
Auf der EU-Liste mit sogenannten invasiven Tier- und Pflanzenarten stehen rund 90 Exemplare, rund 30 kommen in Österreich vor, 16 davon Tiere. Unter diesen betroffenen Tieren sind die stechende Asiatische Tigermücke ebenso wie der putzig aussehende Waschbär: Beide gehören zu den Arten, die eingeschleppt wurden oder aufgrund des Klimawandels auch in diesen Breiten auftauchen – und beide können problematisch werden.
„Waschbären zum Beispiel schauen knuffig und süß aus, sind aber extrem intelligent“, betont Carolina Trcka-Rojas vom Naturschutzbund Österreich. „Sie sind extrem anpassungsfähig und sehr einfallsreich, was die Suche nach Futter betrifft, das reicht vom Mistkübel bis zum Ausrauben von Vogelnestern. Und sie haben hier kaum natürliche Feinde.“
Invasive Arten, die der Mensch etwa durch den Handel mitbringt, sind oft schwierig wieder loszuwerden. Vor 150 Jahren kam das Grauhörnchen aus Nordamerika. In England hat es das Eichhörnchen verdrängt. Und auch in auf dem Kontinent beginnt es sich zu etablieren.

Elch Emils Route durch Österreich
Aus freien Stücken wandert der Goldschakal nach Europa ein. „Was seine Ausbreitungsgeschwindigkeit angeht, ist er unter den Säugetieren führend“, erklärt Klaus Hackländer, Vorstand des Instituts für Wildbiologie und Jagdwirtschaft an der Uni für Bodenkultur sowie Vorstand der Deutschen Wildtier Stiftung. Bisher gab es ihn in Europa nur im Südosten, jetzt ist er längst in Österreich angekommen und wurde auch am Nordkap gesehen. „Warum er so weit geht? Man weiß es nicht“, sagt Hackländer.
Konflikte mit Menschen
Wenn Arten zuwandern, wieder angesiedelt oder eingeschleppt werden, sind Konflikte mit Menschen vorprogrammiert. Denn die Tiere und Pflanzen verändern das ökologische Gleichgewicht, was oft auch den menschlichen Interessen widerspricht. Wölfe fressen Nutztiere, Biber gestalten Flussläufe neu, Fischerotter bedienen sich in Fischteichen.
Ganz grundsätzlich gilt: „Der Mensch verhindert die natürliche Dynamik in der Kulturlandschaft, indem er sie durch Land- und Forstwirtschaft sowie Flussregulierungen stoppt“, sagt Hackländer. Natürliche Veränderungen der Artenzusammensetzung und Überschwemmungen – beides nicht gewünscht.
Durchmarschiert
Zurück zu Emil. Er hat auf seiner Tour bereits mehr als 200 Kilometer zurückgelegt. „Er zeigt uns, dass es möglich ist, durch unsere Kulturlandschaft zu marschieren“, erklärt Hackländer. Die Korridore, in denen Wild wandert – mit Wäldern, Büschen, Grünbrücken über Autobahnen – funktionieren offenbar, wenigstens für Emil.
Elche sind keine invasive Tierart. Sie waren im mitteleuropäischen Raum heimisch und durchaus verbreitet, auch wenn die großen Populationen jetzt eher im Norden zu finden sind. Würde sich jemals ein Elchbestand in Österreich etablieren, dann wäre dies eine Rückkehr der Elche, ähnlich dem Wolf.
Und was machen wir jetzt mit Emil?
Zoodirektor Stadler und Hackländer sind sich einig. Ihre Empfehlungen: Freuen, dass er da ist; aber in Ruhe lassen. „Fang und Transport ist Stress und aktuell noch nicht notwendig“, sagt Hackländer.
Stadler: „Irgendwann wir er schon umdrehen.“
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