Einspruchsflut gegen Windkraft
Windkraft-Showdown in NÖ: Einen Tag vor dem Ende der Einspruchsfrist gegen den neu überarbeiteten Zonierungsplan für künftige Windparks in NÖ mobilisieren Befürworter und Gegner letzte Kraftreserven, um ihrem Ziel einen Schritt näher zu kommen. Während die Windpark-Betreiber die strenge Eingrenzung kritisieren, wollen Bürgerinitiativen weitere Flächen aus dem Zonenplan boxen. Schon jetzt sind Dutzende Einsprüche beim Land NÖ eingelegt. Mit einer Flut an Beschwerden rechnen die Zuständigen heute und am Freitag.
Wie berichtet, hat das Land NÖ seit dem vergangenen Frühjahr an einem neuen Zonenplan gearbeitet und darin 85 Eignungszonen – zwei Prozent der Landesfläche – festgelegt, in denen das Aufstellen von Windrädern noch möglich ist. Obwohl Mindestabstände zu Wohngegenden und diverse Naturschutzgebiete berücksichtigt wurden, sind mit dem Entwurf nur wenige glücklich. "Bei uns im Bezirk Horn sind nicht nur zwei Prozent, sondern mehr als 3,5 Prozent der Fläche für Windräder vorgesehen", kritisieren Alfred Schmudermayer und Fritz Mandl von der Bürgerinitiative "Leben im Windpark – nein Danke!" Sie wollen eine Erweiterung des bestehenden und neue Windparks verhindern, weil sie Sorgen um einen Vogelflug-Korridor und um das Landschaftsbild haben. "Die Region lebt vom sanften Tourismus. Unsere Gebiete sollten von Industriebauten frei gehalten werden. Es ist unverantwortlich, 200 Meter hohe Windkraftanlagen in Waldgebieten aufzustellen", sagt Mandl. Er befürchtet, dass es zwischen Gmünd und Horn "keinen Landschaftsblick mehr ohne drehende Windkraftriesen geben wird."
Zugepflastert
Heftig wird auch im Weinviertel um die Zonierungen gerungen. Im Fokus der Kritik liegt der Wald vor den Toren des Thayatal-Nationalparks. Nicht nur Ex- Nationalparkdirektor Robert Brunner hat die Eignungszone beeinsprucht. Vor Kurzem bekam die Landesregierung Post von den tschechischen Nachbarn. Sämtliche 25 Bürgermeister der Grenzregion sehen die rot-weiß-roten Windradl-Pläne als große Gefahr für das Naturjuwel. Die Retzer Initiative tritt vehement gegen die Propeller-Verschandelung des Pulkautals auf. Heute präsentiert die Initiative neue wissenschaftliche Erkenntnisse. Etwa, dass die Regelung über Mindestabstände von Windkraftanlagen Wohngebieten aus dem Jahre 2004 nicht mehr zeitgemäß ist. Die aktuellen Windräder seien doppelt so hoch wie früher, die Abstände aber seien nicht gewachsen.
Zu einem Paradoxon entwickelt sich Untersiebenbrunn im Marchfeld. Sowohl die im Plan ausgewiesene Windkrafteignungszone südlich des Ortes (WE 28) als auch die nördliche Zone (WE 27) befinden sich im Trappenschutzgebiet bzw. Natura 2000-Gebiet. Zwei Räder, die bereits eine positive Umweltverträglichkeitsprüfung haben, sind beim Verwaltungsgerichtshof beeinsprucht. "Sie liegen aber außerhalb der Zonierung", sagt Bürgerlisten-Gemeinderat Ernst Stübegger ("USB 2000"). Zudem hätte sich die Gemeinde 2009 dazu entschlossen, "hochwertige Naturräume so weiter zu entwickeln, dass eine langfristige Sicherung gewährleistet ist. Stübegger hat Einsprüche wegen Fehlerhaftigkeit und Irreführung der Bevölkerung an das Land geschickt.
Eine ähnliche Strategie verfolgt die Bürgerinitiative "Pro Mensch" aus Münchendorf, Bezirk Mödling. Die Bevölkerung der Gemeinde sowie die der Orte Himberg, Velm und Trumau befürchten von 70 Windrädern eingekesselt zu werden. Ein Anwalt gab eine gesalzene Stellungnahme ab. Münchendorfs Bürgermeister Josef Ehrenberger will ohnehin ohne Bürgerentscheid keine Windräder bauen lassen.
Kompromiss
Gerald Simon, Sprecher der Waldviertler "WEB Windenergie" kann die Proteste nur teilweise nachvollziehen. "Bisher gibt es keine verlässlichen Studien, die belegen, dass Infraschall tatsächlich schädlich ist." Mindestabstände von 2000 Metern seien nicht machbar. "Dann wäre kein einziges Projekt umsetzbar. Im Bewilligungsverfahren wird ohnehin ein Grundschallpegel gemessen. Wenn der Wert zu hoch ist, gibt es keine Bewilligung", erklärt Simon. Aus seiner Sicht ist der Zonenplan ein Kompromiss. "Auch wir müssen mit Einbußen kalkulieren, weil etwa unser Schmidatal-Projekt weggefallen ist", sagt Simon: "Es geht nicht um 1000 Windräder, sondern um einen behutsamen Windkraft-Ausbau."
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