Ein Vaterschaftstest für Obstbäume

Wer Äpfel mit Birnen vergleichen will, wird scheitern.
Der Vergleich ist schon deshalb schwierig, weil es alleine von Ersteren mehr als eine Sorte gibt – viel mehr als eine. Das weiß man ja schon vom Einkauf im Supermarkt, wo man zwischen Gala, Braeburn, Topaz und Golden Delicious wählen kann.
Und doch ist das eine lächerlich kleine Auswahl, wenn man bedenkt, dass alleine in der Obstsammlung des Vereins Arche Noah im nö. Schiltern 311 verschiedene heimische Apfelsorten zu finden sind.
In jener des oö. Obstsortengarten Ohlsdorf (OSOGO) sind es sogar 1.400 (Stand 2019). Und vielleicht sind das wieder ganz andere als jene von Schiltern, vielleicht aber auch nicht. Um das herauszufinden, hat die Arche Noah nun das Projekt „Obst Inventur Österreich“ initiiert.
13 öffentliche und private Obstsammlungen werden abgeglichen. Das Ziel: Alle Sorten, die es gibt, zu bewahren. Und zwar nicht nur bei den Äpfeln, sondern auch Birnen, Kirschen, Marillen, Pfirsichen und Pflaumen bzw. Zwetschken.

Die Wiener Haferbirne ist eine Rarität. Sie war früher an den Hängen des Wienerwaldes weit verbreitet und als Gewürzbirne am Wiener Markt beliebt.
Sortenverlust
„In den letzten 100 Jahren sind 84 Prozent der Streuobstbestände verschwunden. In den Sammlungen sind zum Teil noch Sorten aus der Zeit enthalten, als es noch eine enorme Vielfalt gab – der Zeit vor der industriellen Revolution“, betont Projektmitarbeiterin Manuela Friedler von Arche Noah. Andere seien hingegen für immer verloren gegangen.
Die „Inventur“ wird von etwa 5.200 Bäumen, die in den 13 Sammlungen zurzeit aufscheinen, gemacht. Je zwei junge Blätter werden dem Baum abgenommen, in ein Kuvert gesteckt und an ein Institut in der Schweiz geschickt. Dort wird ein genetischer Fingerabdruck erstellt, der für jede Sorte charakteristisch ist – „ein wenig wie bei einem Vaterschaftstest“, führt Friedler aus. „Wir sind gerade mittendrin beim Sammeln.“
Wenn die Obstinventur abgeschlossen ist – das vom Biodiversitätsfonds des Klimaministeriums geförderte Projekt läuft bis 2024 – weiß man mehr über den Obst-Schatz Österreichs. Und sieht, wo es Handlungsbedarf gibt. „Wenn zum Beispiel nur noch ein Baum aus 1851 in einer Sammlung da ist, können wir jetzt handeln und Jungbäume an verschiedenen Standorten pflanzen“, erklärt Obstfachfrau Friedler.
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