Dunkle Hautfarbe, Tattoo: Jurist von Security-Mitarbeiterin am Gericht "verfolgt"

Jurist und Rechtsanwaltsanwärter Amir Ahmed
Verdacht von "Racial Profiling" bei einer Sicherheitskontrolle am Landesgericht Krems schlägt Wellen bis ins Justizministerium.

Es ist für die Justiz eine unangenehme Causa, die Wellen bis ins Oberlandesgericht Wien schlägt. Eine Sicherheitsmitarbeiterin soll einen bekannten Juristen und Rechtsanwaltsanwärter im Landesgericht Krems verfolgt und ihm nachspioniert haben.

Es steht der Vorwurf des "Racial Profilings" im Raum – also eine Situation, bei der Menschen aufgrund ihrer Hautfarbe, Herkunft, des Aussehens oder ethnischen Zugehörigkeit diskriminiert werden.

Amir Ahmed, der Jurist (Kanzlei Sommerbauer & Dohr Rechtsanwälte) der von der Security-Mitarbeiterin verfolgt wurde, hat nordafrikanische Wurzeln und ein auffälliges Tattoo im Halsbereich bis knapp unter das Kinn. Selbst wenn er wie üblich Hemd und Krawatte trägt, stechen Teile der Tätowierung am Hals optisch heraus.

Einganstür des Landesgericht Krems

Der Vorfall ereignete sich bei der Zugangskontrolle zum Landesgericht Krems

Aus dem Ruder gelaufen

Ob sein Aussehen oder das Tattoo dazu beigetragen haben, dass die Kontrolle bei der Sicherheitsschleuse des Landesgerichts derart aus dem Ruder lief, vermag Ahmed nicht mit Sicherheit zu beantworten. Allerdings sei der Umgang der Justiz mit dem Fall "äußert fragwürdig“, so der Jurist.

Der Rechtsanwaltsanwärter der Kanzlei Sommerbauer & Dohr Rechtsanwälte aus Wiener Neustadt war am 8. April dieses Jahres für eine Verhandlung am Landesgericht Krems.

Legitimationsurkunde der Rechtsanwaltskammer NÖ

Wie bei den täglichen Gerichtsbesuchen üblich, wies er sich bei der Sicherheitsschleuse beim Eingang mit seiner Legitimationsurkunde der Rechtsanwaltskammer NÖ aus. Damit gab sich die Mitarbeiterin des Sicherheitsdienstes aber nicht zufrieden. Sie wollte wissen, was Amir Ahmed im Gericht zu tun habe. "Das war schon eine sehr ungewöhnliche Frage, die ich ihr aber mit der Angabe des Verhandlungssaales beantwortete."

Damit war die Sache aber nicht getan: Die Frau verfolgte den Juristen seinen Angaben nach bis zum Verhandlungssaal in den ersten Stock. "Sie beobachtete mich zirka zehn Minuten lang aus der Ferne, ging an mir vorbei und fragte sogar einen anwesenden Anwalt, ob er mich kenne", erklärt Ahmed.

Jurist und Rechtsanwaltsanwärter Amir Ahmed

Jurist und Rechtsanwaltsanwärter Amir Ahmed trägt ein auffälliges Tattoo im Halsbereich

Nachdem die Verhandlung vorüber war, stellte Ahmed die Security-Mitarbeiterin zur Rede. "Sie erklärte mir, dass sie Zweifel an meiner Legitimationsurkunde hatte, ohne dies näher zu begründen." Der Ausweis unterscheidet sich in keiner Weise zu den anderen der Rechtsanwaltskammer.

Gefühl der Diskriminierung

Danach schlug der Fall Wellen. Der Jurist fühlte sich diskriminiert und wandte sich schriftlich an den Präsidenten des Landesgerichts Krems sowie an das Oberlandesgericht Wien.

"Auf mehrfache Nachfrage wollte der Präsident des Landesgericht Krems mir nicht schriftlich mitteilen, weshalb die Dame nur mich verfolgt und nur mir im Gebäude nachspioniert hat. Das OLG Wien spricht von einer Kommunikationspanne hat aber ebenso auf mehrmalige Nachfrage verweigert bekannt zu geben, worüber ein Missverständnis vorlag", so Ahmed, der diese Version für eine Schutzbehauptung hält.

Dass die Sicherheitsmitarbeiterin ihm gegenüber angab, Zweifel an seinem Ausweis gehabt zu haben, wurde bei Ahmeds Intervention "komplett ignoriert", wie er sagt. "Die Frau hat sich nicht nur diskriminierend verhalten, sondern, wenn man ihrer Version folgt, jemanden trotz des Zweifels unkontrolliert in das Gerichtsgebäude gelassen. Dies ist für sich alleine eine grobe Sicherheitspanne", meint der Jurist.

Vorwürfe wurden "geklärt"

Auf Anfrage des KURIER nahmen sowohl das Landesgericht Krems als auch das OLG Wien umfassend zu dem Fall Stellung. "Die unterschiedslose Behandlung aller Personen ungeachtet ihrer Herkunft, Hautfarbe, Sprache, Religion, Weltanschauung, sexuellen Ausrichtung etc. ist ein zentrales Anliegen der Justiz. Dazu gehört selbstverständlich auch der Zugang zu Gerichtsgebäuden, der für alle Personen unter den gleichen Bedingungen gewährleistet werden soll. Wir nehmen daher Beschwerden über allfällige Diskriminierungen oder Racial Profiling sehr ernst, weshalb solche Vorwürfe von Seiten der Justiz sorgfältig und umfassend aufgeklärt werden“, sagt die Mediensprecherin des OLG, Susanne Lehr.

Gang am Landesgericht Krems

Der Vorfall ereignete sich am Landesgericht Krems

Sensibilisierendes Gespräch geführt

Die Klärung des Sachverhalts habe allerdings ergeben, dass dies in dem besagten Fall nicht vorgelegen habe. "Dessen ungeachtet wurde aber mit den Mitarbeiterinnen des beauftragten Sicherheitsunternehmens ein sensibilisierendes Gespräch geführt“, heißt es vonseiten des OLG. Die Bediensteten der Sicherheitsunternehmen an den Schleusen seien zu "strengen Kontrollen angehalten", so Lehr.

Um welches "Missverständnis" es sich bei der Eingangskontrolle am Landesgericht Krems genau gehandelt haben soll, blieb unbeantwortet. Amir Ahmed will sich mit den "Beschwichtigungen“ in dem Fall nicht zufrieden geben.

Da er keine Auskunft darüber bekam, worin die Kommunikationspanne bzw. das Missverständnis lag, wendet sich der Jurist mit der Causa nun an das Justizministerium.

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